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Fingerbeugesehne, Tenosynovitis

Synonyme

Sehnenscheidenentzündung des Fingers; Tendovaginitis stenosans

Englischer Begriff

Tenosynovitis of the finger

Definition

Entzündliche Veränderung des Sehnengleitgewebes der Beugesehnen am Finger.

Pathogenese

Die Tenosynovitis kann verschiedene Ursachen haben. Trotz histologischer und mikrobiologischer Untersuchungen lässt sich die Ätiologie nicht immer diagnostizieren. Eine chronische Überbelastung wird häufig angeschuldigt. Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis können ebenso wie bakterielle Infektionen ursächlich für die entzündliche Erkrankung der Sehnenscheide sein. Letztere resultieren meist aus Verletzungen, können aber auch lymphatisch fortgeleitet entstehen.

Symptome

Bei Vorliegen einer Tenosynovitis der Fingerbeugesehnen werden belastungsabhängige Schmerzen, eine Funktionsbehinderung des Fingers (schnellender Finger), Krepitationen bei aktiver Bewegung und gelegentlich eine Schwellung des Fingers angegeben. Meist sind mehrere Finger in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Bei Vorliegen einer bakteriellen Infektion der Sehnenscheiden kann es zur hochakuten entzündlichen Mitbeteiligung der gesamten Hand kommen.

Diagnostik

Die Tenosynovitis kann eine mäßige Schwellung über dem betroffenen Finger verursachen. Die Beweglichkeit kann schmerzhaft eingeschränkt sein. Bei der aktiven Bewegung des Fingers lassen sich Krepitationen über den Beugesehnen und gelegentlich auch ein Schnappen unter dem Ringband A1 tasten.

Liegt eine bakterielle Infektion des Sehnengleitgewebes vor, zeigen sich die lokalen Zeichen einer Entzündung (Rötung, Schwellung, Überwärmung). Der Finger ist druckschmerzhaft. Die Beweglichkeit ist schmerzhaft aufgehoben und der Finger wird in einer mittleren Beugestellung gehalten. Je nach Dauer der Infektion kann die gesamte Hand oder bestimmte Abschnitte der Hand (V-Phlegmone bei Ausbreitung der Infektion zwischen Kleinfinger und Daumen) betroffen sein. In der Regel liegen Allgemeinsymptome wie Fieber, Schüttelfrost und eine Erhöhung der Entzündungsparameter vor.

Differenzialdiagnose

Schnellender Finger, Tumoren der Beugesehnenscheide (z. B. Riesenzelltumor), Partialruptur einer Fingerbeugesehne, subkutaner Abszess.

Therapie

Die Tenosynovitis kann primär konservativ (vorübergehende Ruhigstellung, systemische und lokale Gabe von Antiphlogistika, Kortikoidinjektionen) behandelt werden. Auch die Tenosynovitis im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis stellt erst bei fehlendem Ansprechen auf eine adäquate medikamentöse Basistherapie, Vorliegen von Nervenkompressionssyndromen oder drohender Sehnenruptur eine Operationsindikation dar. Die Behandlung der bakteriellen Sehnenscheidenentzündung ist primär operativ.

Akuttherapie

Die akute bakterielle Tenosynovitis stellt eine absolute Operationsindikation dar.

Konservative/symptomatische Therapie

Die Tenosynovitis kann durch vorübergehende Immobilisation der betroffenen Finger und des Handgelenks, lokale und systemische antiphlogistische Maßnahmen und peritendinöse Injektion von Kortikoidpräparaten behandelt werden.

Medikamentöse Therapie

Lokale und systemische antiphlogistische Medikation, Injektion von Kortikoidpräparaten.

Operative Therapie

Eine Tenosynovitis wird in Abhängigkeit von ihrer Ausprägung durch eine Tenosynovektomie behandelt. Hierzu werden die Beugesehnen des betreffenden Fingers unter möglichst vollständigem Erhalt der Ringbandstrukturen débridiert. Ist bei rheumatoider Arthritis die Tenosynovitis der Fingerbeugesehnen bis zum Karpalkanal ausgedehnt, muss eine Schnitterweiterung nach proximal mit Durchführung einer Tenosynovektomie und Dekompression des N. medianus erfolgen.

Die bakterielle Sehnenscheidenentzündung (Sehnenscheidenphlegmone) muss in Abhängigkeit vom Lokalbefund möglichst frühzeitig operativ saniert werden, da bei längerem Verlauf (über 48 Stunden) nekrotische Veränderungen der Sehne selbst möglich sind. Die Hautinzision und Eröffnung der Sehnenscheide erfolgt in der Regel in Höhe der distalen Hohlhandfurche am proximalen Ende der Sehnenscheide. Befindet sich die ursprüngliche Verletzung distal im palmaren Fingerbereich, wird nun hier eine zweite Inzision mit Eröffnung der Beugesehnenscheide durchgeführt, so dass nun eine ausgiebige Spülung möglich ist. Bei einer V-Phlegmone muss der Karpalkanal durch Spaltung des Retinaculum flexorum eröffnet werden, um ein ausreichendes Débridement durchführen zu können. Ist es bei längerem Krankheitsverlauf zur Ausbildung einer Sehnennekrose gekommen, müssen die nekrotischen Anteile reseziert werden. Die Sehnenscheide mit ihren Ringbandstrukturen wird dabei, soweit möglich, erhalten.

Bewertung

Patienten mit einer Tenosynovitis profitieren deutlich von der Tenosynovektomie.

Bei einer bakteriellen Sehnenscheidenentzündung ist eine vollständige Wiederherstellung der Fingerfunktion nur bei früher operativer Intervention möglich. Längere Krankheitsverläufe, die eine partielle Resektion der betreffenden Sehne erforderlich machen, bedingen oft bleibende Funktionseinschränkungen.

Nachsorge

Nach durchgeführter Tenosynovektomie können bei reizloser Wundheilung frühzeitig aktive Bewegungsübungen der betreffenden Finger durchgeführt werden.

Nach operativer Behandlung einer bakteriellen Sehnenscheidenentzündung muss die immobilisierte Hand konsequent hochgelagert und gekühlt werden. Nach entsprechender Keimbestimmung und Resistenzaustestung werden systemisch Antibiotika verabreicht. Mindestens zweimal täglich wird über zwei bis drei Tage eine Spülbehandlung über die liegende Drainage durchgeführt. Anschließend sind Handbäder ausreichend. Nach Abklingen der akuten Entzündungszeichen ist eine intensive Physiotherapie zur Wiederherstellung eines normalen Gleitverhaltens der Sehne indiziert. Nach einer Resektion der nekrotischen Beugesehnen kann eine sekundäre Rekonstruktion nach einigen Wochen vorgenommen werden.

Autor

Renée Fuhrmann

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