Ataxia
Störung der Bewegungskoordination infolge Erkrankung zentralnervöser oder peripherer Strukturen.
Ataxien werden in erbliche, welche autosomal-dominant oder autosomal-rezessiv vererbt werden, und nicht-erbliche unterteilt. Bei den sporadischen Ataxien kann weiter zwischen symptomatischen Ataxien, die infolge einer bekannten Ursache bzw. Primärerkrankung auftreten wie z. B. bei alkoholbedingter Kleinhirnrindenatrophie, Enzephalitis, Vitaminmangelerkrankungen, immunvermittelten Ataxien, paraneoplastischer Kleinhirndegeneration, degenerativen zerebellären Ataxien (MSA-C, sporadische Ataxie unklarer Genese), und idiopathischen oder sporadischen Ataxien unterschieden werden.
Bewegungen werden ataktisch genannt, wenn sie mit falschem Ausmaß, also dysmetrisch, und im Bewegungsablauf nicht flüssig, sondern asynergisch, d. h. verwackelt, ausgeführt werden.
Man kann die verschiedenen Formen der Ataxie unterscheiden:
Unter Dysdiadochokinese versteht man die Störung der Feinkoordination, alternierende Bewegungen werden nicht fließend durchgeführt, das Schriftbild ist gestört.
Bei der zerebellären Ataxie liegt die Läsion im Kleinhirn, und es können eine Stand-, Gang- und Rumpfataxie auftreten. Bei einer Erkrankung des Archizerebellums haben die Patienten eine Rumpf-, Stand-und Gangataxie. Die Patienten können die Bewegungsstörung nicht mithilfe visueller Kontrolle kompensieren. Es besteht keine Extremitätenataxie. Eine Störung des Palaeozerebellums erzeugt eine Stand- und Gangatxie, die Stabilisation des Rumpfs ist möglich. Die Patienten stürzen im Allgemeinen nicht. Bei Erkrankungen des Neozerebellums sind Extremitäten- und Augenbewegungen dysmetrisch.
Bei der afferenten Ataxie handelt es sich vorwiegend um eine lokomotorische Ataxie, die bei Bewegung auftritt und sich bei Dunkelheit oder geschlossenen Augen verschlechtert. Visuelle Kontrolle kann die ataktische Störung bessern.
Bei vestibulären Erkrankungen tritt eine Rumpfataxie auf, es besteht keine Zeigeataxie.
Bisher konnten 13 verschiedene Typen genetisch identifiziert werden. Die beiden wichtigsten sind 1.) autosomal-dominant vererbt (Genlokus 6p23), Beginn zwischen 30. und 40. Lebensjahr, Optikusatrophie, Störungen der Augenmuskulatur bis zur Ophtalmoplegie, Schluckstörungen, mehr als 40 Cytosin-Adenin-Guanin-Kopien, und die 2.) Friedreich-Ataxie, autosomal-rezessiv vererbt (Mutation des Trinukleotidrepeats GAA im Genlokus 9q13), Beginn späte Kindheit, frühes Erwachsenenalter, schwere Stand-, Gang- und Extremitätenataxie, Areflexie, sensible Störungen, Dysarthrie, gelegentlich Paraspastik, häufig Skelettdeformitäten, Friedreich-Fuß, Kardiomyopathie und Diabetes mellitus, progredient, keine Remission, aber stabile Phasen möglich.
Typ |
Symptome |
Bezeichnung |
Genort |
I |
progressive Ataxie mit Sakkadenverlangsamung, Pyramidenbahnzeichen, Muskelatrophien, Sensibilitätsstörungen, Optikusatrophie, Demenz |
SCA1 |
Chromosom 6 |
SCA2 |
Chromosom 12 |
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SCA3 |
Chromosom 14 |
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SCA4 |
Chromosom 16 |
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SCA6 |
Chromosom 19 |
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II |
progressive Ataxie mit pigmentärer Retinadegeneration |
SCA7 |
Chromosom 3 |
III |
rein zerebelläre Ataxie |
SCA5 |
Chromosom 11 |
IV |
zerebelläre Ataxie mit Myoklonien und Taubheit |
Klinische Untersuchung: Standversuche (Romberg-Test), Gangprüfungen mit offenen und geschlossenen Augen, Seiltänzergang; Zeigeversuche: Knie-Hacken-Versuch, Finger-Nase-Versuch, Zielbewegungen.
Zusatzdiagnostik: Kernspintomographie von Kopf und Rückenmark zur Darstellung von Kleinhirnprozessen bzw. -atrophie und Rückenmarkläsionen bzw. –atrophie; Nervenleitgeschwindigkeitsmessung: Nachweis einer Polyneuropathie; genetische Tests (Molekulargenetik) zum Nachweis und zur Klassifikation erblicher Ataxien.
Hemiparesennachweis der Parese, Bewegungsstörung nur auf gelähmte Seite begrenzt; bei choreatischen Syndromen Nachweis weiterer Zeichen einer Basalganglienerkrankung und niedriger Muskeltonus.
Symptomatische Ataxie: je nach Grunderkrankung; erbliche und sporadische Ataxien: meist nur symptomatisch Krankengymnastik und Ergotherapie.
Spinozerebelläre Ataxien: 5-HT1A-Rezeptorantagonist Buspiron; Friedreich-Ataxie: Ibenone; episodische Ataxien: Azetazolamid; MSA-C: Amantadin, Versuch mit L-Dopa; paraneoplastische zerebelläre Degeneration: Immunglobuline, Immunsuppressiva.
Symptomatische Ataxien erholen sich entsprechend der Grunderkrankung, z. B. bei Kleinhirninfarkt und paraneoplastischem Prozess, oder sind progredient wie bei den neurodegenerativen Erkrankungen.
Logopädie, Physiotherapie.
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