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Syphilis

Synonyme

Lues; Geschlechtskrankheit; Treponema pallidum

Englischer Begriff

Syphilis

Definition

Syphilis ist eine erworbene bakterielle Infektionskrankheit, die durch den Erreger Treponema pallidum verursacht wird. Die Übertragung erfolgt auf direktem Weg durch den Geschlechtsverkehr. Es handelt sich um eine meldepflichtige Geschlechtskrankheit. Die Eintrittspforte kann aber auch in der Mundhöhle und an der äußeren Haut liegen. Bei der kongenitalen Form erfolgt die Übertragung diaplazentar von der Mutter auf den Feten.

Pathogenese

Die Syphilis wird durch das Bakterium Treponema pallidum verursacht, das zu der Gruppe der Spirochäten zählt. Die Bakterien gelangen in kurzer Zeit in die Lymphbahnen und können nach wenigen Stunden den gesamten Organismus überschwemmen. Die erworbene Infektion erfolgt gewöhnlich durch genitale Übertragung, die angeborene Infektion erfolgt diaplazentar von der Mutter auf den Feten. Drei Stadien werden unterschieden:

Primärstadium

Nach einer Inkubationszeit von zwei bis vier Wochen entwickelt sich an der Eintrittsstelle eine Gewebeverdickung, über der sich kleine Bläschen bilden, die aufplatzen. Dieses Geschwür, so genannter harter Schanker mit geschwollenen regionären Lymphknoten, ist der Primärkomplex. Beim Mann ist das Geschwür an der Glans penis oder an der Vorhaut, bei der Frau an den Schamlippen oder an der Portio vaginalis lokalisiert. Es bleibt drei Wochen und heilt dann spontan ab.

Sekundärstadium

Nach sechs bis zehn Wochen findet die sekundäre Generalisation statt, die von einem Eruptionsfieber begleitet wird. An der Haut und den Schleimhäuten können makuläre, papelartige und pustulöse Exantheme auftreten, die meist ohne Narbenbildung ausheilen. Diese Effloreszenzen enthalten reichlich Erreger und sind Infektionsquellen. Während des Generalisationsstadiums können sich Schwellungen der Lymphknoten, der Milz, der Leber oder der Nieren entwickeln. Das Skelettsystem kann durch Periostitis und Polyarthritis betroffen sein. Dieses Sekundärstadium dauert im allgemeinen drei bis fünf Jahre.

Tertiärstadium

Es beginnt nach Monaten oder Jahren eines klinisch stummen Intervalls (Lues latens) und kann sich an fast allen Organen manifestieren. Dabei kommt es zur Ausbildung von syphilitischen Granulomen (Gummata). Diese bestehen aus Epitheloidzellen und wenigen Riesenzellen vom Langhans-Typ. Im Zentrum kommt es zu sekundären Nekrosen. Als spezifische Organmanifestationen können die kardiovaskuläre Syphilis (Mesaortitis luetica) und die Neurosyphilis mit progressiver Paralyse und Tabes dorsalis (Degeneration der Hinterstränge des Rückenmarks) auftreten.

Lues connata

Die Infektion des Feten erfolgt von der erkrankten Mutter über die Plazenta. In 20 % der Fälle kommt es zum Abort, in weiteren 20 % stirbt die Frucht zwischen dem sechsten und siebten Schwangerschaftsmonat ab. Wenn die Infektion nach dem siebten Schwangerschaftsmonat auftritt, besteht die Möglichkeit, dass das Kind luesfrei bleibt.

Symptome

Bei der Säuglingssyphilis treten der syphilitische Schnupfen (Coryza syphilitica), der syphilitische Pemphigus, Parrot-Furchen, Leber- und Milzvergrößerung, Anämie und Osteochondritis auf. Als Hutchinson-Trias bezeichnet man Innenohrschwerhörigkeit, Keratitis parenchymatosa und Tonnenzähne.

Bei der erworbenen Syphilis treten die orthopädischen Symptome im Sekundärstadium mit Periostitis und Polyarthritis sowie im Tertiärstadium mit Gummata im Skelettsystem auf. Diese Gummata bewirken Destruktionen der Kortikalis und führen zu Frakturen. Es kann sich eine tabische Arthropathie mit Gelenkdeformation vornehmlich an den großen Gelenken der unteren Extremität, vor allem Knie-, seltener Hüft- und Sprunggelenke ausbilden.

Diagnostik

Der Erregernachweis ist im Primärstadium mikroskopisch mit der Dunkelfeldmikroskopie möglich. Das Material kann aus dem Primäraffekt, dem Sekret nässender Papeln oder aus Lymphknotenpunktat genommen werden. Im Sekundär- und Tertiärstadium können serologisch Antikörper nachgewiesen werden.

Therapie

Das Ziel der Therapie ist die Bekämpfung der Grundkrankheit durch Antibiose, auftretende Veränderungen am Skelettsystem werden symptomatisch und individuell behandelt.

Medikamentöse Therapie

Penicillin G ist das Antibiotikum der Wahl, bei Penicillinallergie alternativ Tetracycline oder Erythromycin.

Konservative/symptomatische Therapie

Entlastung durch orthopädische Hilfsmittel, Orthesen-, Bandagenversorgung zur zusätzlichen Stabilisierung, Physiotherapie, Ergotherapie und physikalische Therapiemaßnahmen.

Operative Therapie

Bei der tabischen Arthropathie sollten operative Interventionen mit Korrekturosteotomien und Arthrodesen äußerst kritisch diskutiert werden. Es besteht eine schlechte Heilungstendenz und oft gleichzeitig eine Gefäßbeteiligung mit hoher Komplikationsrate.

Bewertung

Die Syphilis ist weltweit verbreitet. Die Primärprophylaxe besteht in der Vermeidung jeglicher Kontakte mit syphilitischen Effloreszenzen. Die Ziele der Therapie bei der Infektion sind die Aufhebung der Infektiosität und Verhinderung des Fortschreitens der Erkrankung sowie Hygienemaßnahmen zur weiteren Übertragung der Infektion. Die Erkrankung ist meldepflichtig.

Nachsorge

Im Verlauf sollten serologische Kontrollen durchgeführt werden. Die Behandlung erfolgt interdisziplinär (Dermatologie, Innere Medizin, Neurologie, Orthopädie).

Autor

Arne-Björn Jäger

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