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Tibialis-anterior-Verlagerung

Synonyme

Tibialis-anterior-Transfer

Englischer Begriff

Tibialis anterior tenton transfer; Peabody procedure; SPLATT procedure; Cobb procedure

Definition

Partielle oder vollständige Verlagerung der Sehne des M. tibialis anterior.

Indikation

Flexible Fehlstellungen des Rück- und Mittelfußes:

  • Peabody-Operation: Indikation bei neurogener Hakenfußdeformität.
  • SPLATT-Operation: Indikation bei postischämischem oder posttraumatischem Hirnschaden mit spastischer Flexionsdeformität des Fußes im Equinovarus.
  • Cobb-Operation: Indikation bei erworbenem Plattfuß durch Tibialis-posterior-Sehneninsuffizienz.

Kontraindikation

  • Fixierte strukturelle (knöchern/arthrotische) Fehlstellungen des Fußes.
  • Partielle oder komplette Lähmung des M. tibialis anterior.
  • Frische ischämische oder posttraumatische Hirnschäden: Vor einer Korrektur soll eine spontane Erholung abgewartet werden. Nach einem zerebrovaskulären Infarkt wird eine Wartezeit von sechs Monaten, nach posttraumatischem Schaden eine Wartezeit von 18 Monaten empfohlen.

Durchführung

Peabody-Operation

Ideales Alter zur Operation des kongenitalen Hakenfußes liegt zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr. Transfer der gesamten Tibialis-anterior-Sehne durch die Membrana interossea an die Tuberositas des Kalkaneus zum Ersatz der plegischen Achillessehne. Die Öffnung in der Membrana interossea muss so groß sein, dass die Membran keinen direkten Kontakt zum Transplantat hat, um Vernarbungen zu minimieren. Eine restliche Dorsalextension wird mithilfe der langen Zehenextensoren erreicht. Im Anschluss wird ein Unterschenkelgips für sechs Wochen postoperativ angelegt. Im Verlauf sind anfangs Nachtschienen und tagsüber Orthesen zur Redression und Stabilisation nötig.

SPLATT = Split Anterior Tibial Tendon Operation

Diese Operation wird zusammen mit einer perkutanen Verlängerung der Achillessehne und einer Durchtrennung der Zehenflexoren über einen medialen Längsschnitt über dem Os cuneiforme mediale durchgeführt. Die halbe Tibialis-anterior-Sehne wird bis über dem Sprunggelenk gespalten, nach lateral subkutan verlagert und durch einen Bohrkanal im Os cuboideum gezogen. Die Sehne wird mit sich selbst vernäht und/oder mit einer Interferenzschraube gesichert. Mit dieser Operation kann eine plantigrad belastbare Extremität hergestellt werden. Bei fortgeschrittener spastischer Lähmung wird die Spastik entlastet, und es ist zumindest eine Schuhbekleidung möglich.

Cobb-Operation

Die halbe Tibialis-anterior-Sehne wird über einem 2-cm-Längsschnitt am ventralen Unterschenkel durchtrennt. Der Ansatz am medialen Fußgewölbe bleibt erhalten. Der Stumpf wird dorsoplantar duch einen Bohrkanal im medialen Os cuneiforme gezogen und mit der elongierten Tibialis-posterior-Sehne verflochten und vernäht. Zusätzlich kann eine Interferenzschraube die Sehnen im Kanal fixieren. Ebenfalls wird das elongierte Pfannenbodenband (Springligament) gerafft. Dies führt zu einer Korrektur der pathologischen Vorfußsupination bei Tibialis-posterior-Sehneninsuffizienz und zu einer Rekonstruktion des medialen Fußgewölbes durch Verkürzung bzw. Anspannung vom Springligament und der Tibialis-posterior-Sehne.

Bei gleichzeitig vorliegender Valgusfehlstellung des Rückfußes kann eine mediale Verschiebeosteotomie des Kalkaneus, bei Vorliegen einer Vorfußabduktionsfehlstellung eine laterale Verlängerungsosteotomie des Kalkaneus durchgeführt werden.

Nachbehandlung

Sohlenkontakt ohne Belastung für sechs Wochen postoperativ im Unterschenkelgehgips. Anschließend Übergang zur Vollbelastung und Funktionstraining. Physiotherapie zur Stärkung von Koordination, Propriozeption und Muskelkraft. Je nach funktionellem Ergebnis kann übergangsweise eine Orthese zur Unterstützung nötig sein.

Autor

Geert I. Pagenstert

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