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Madelung-Deformität

Englischer Begriff

Madelung’s deformity

Definition

Angeborene, oft beidseitige ausgebildete Deformität des distalen Radius mit palmarer und ulnarer Abweichung der distalen Radiusgelenkfläche.

Pathogenese

Die Deformität kann genetisch bedingt sein und einen autosomal-dominanten Erbgang aufweisen. Das weibliche Geschlecht ist häufiger betroffen. Die Madelung-Deformität kann auch als isolierte Fehlbildung im Rahmen von komplexen Syndromen (z. B. Léri-Weill-Syndrom) und bei Achondroplasie sowie epiphysärer Dysplasie auftreten. Durch eine asymmetrische Wachstumsstörung kommt es zur palmaren und ulnaren Abweichung der Radiusgelenkfläche, woraus eine scheinbar palmare Subluxation der Hand und eine vergleichsweise dorsale Position des Ulnakopfs resultieren.

Symptome

Die Madelung-Deformität wird meist im Schulalter symptomatisch. Auffällig ist die veränderte Konfiguration des Handgelenks mit dem nach dorsal hervorstehenden Ulnakopf. Die Beweglichkeit im Handgelenk ist eingeschränkt. Über Beschwerden wird nur selten geklagt. Im frühen Erwachsenenalter kann eine Impingementsymptomatik zwischen dem Ulnakopf und dem Karpus entstehen.

Diagnostik

Der Unterarm kann gering verkürzt sein und die Hand ist bei dorsal prominentem Ulnakopf scheinbar nach palmar subluxiert. Die Bewegungseinschränkung kann unterschiedlich stark ausgebildet sein und betrifft bevorzugt die Dorsalextension und Radialduktion im Handgelenk sowie die Supination des Unterarms.

Röntgenologisch imponiert eine nach dorsal konvexe Verbiegung des verkürzten Radius in Kombination mit einer nach ulnar und palmar abfallenden Radiusgelenkfläche. Der Ulnakopf zeigt neben einer deutlichen Deformierung eine dorsale Subluxation, wobei die Distanz zwischen Radius und Ulna vergrößert ist. Die Ulna selbst kann im Seitenvergleich verkürzt sein. Die Handwurzel ist dreieckig mit einer nach proximal weisenden Spitze deformiert und korrespondiert mit dem veränderten distalen Radius.

Differenzialdiagnose

Posttraumatische Deformität nach Radiusfraktur, Folge einer Verletzung oder Infektion der ulnaren Radiusepiphyse.

Therapie

Die Indikation zur operativen Therapie wird nur selten gestellt, da die Einschränkung der Beweglichkeit meist nicht zu korrigieren ist und die beklagten Beschwerden gering sind. Lassen sich die Schmerzen auf ein ulnokarpales Impingement zurückführen, können operative Maßnahmen hilfreich sein.

Operative Therapie

Im Kindesalter kann bei ausgeprägten Deformitäten eine Epiphyseodese der distalen Ulna durchgeführt werden. In gleicher Weise kann eine Epiphyseodese des radialen und dorsalen Anteils der Radiusepiphyse durchgeführt werden, um das Fehlwachstum zu reduzieren. Korrekturosteotomien der distalen Radiusmetaphyse sind möglich, werden jedoch wegen der begrenzten Erfolgsaussichten nur selten angewandt. Steht im Erwachsenenalter das ulnokarpale Impingement im Vordergrund, kann der Ulnakopf reseziert werden. Auch eine Verkürzung der Ulna oder eine Arthrodese des distalen Radioulnargelenks mit gleichzeitiger Segmentresektion aus der distalen Ulna (Operation nach Kapandji) sind möglich.

Bewertung

Die Indikation zum operativen Vorgehen am Radius wird sehr zurückhaltend gestellt, da die Eingriffe nicht geeignet sind, die Gelenkkongruenz zu verbessern. Auch das Defizit im Bewegungsausmaß lässt sich durch operative Eingriffe kaum beeinflussen.

Nachsorge

Nach den Osteotomien ist eine Immobilisation der Hand über mehrere Wochen erforderlich. Anschließend sind oft Orthesen oder Nachtlagerungsschienen erforderlich. Eine physiotherapeutische Nachbehandlung ist sinnvoll.

Autor

Renée Fuhrmann

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