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Hohlfuß

Synonyme

Pes cavus; Pes excavatus; Pes cavovarus; Pes cavovalgus; Pes calcaneovarus; Pes calcaneocavus; Pes calcaneoexcavatus; Ballenhohlfuß; Hackenhohlfuß; Hochgesprengter Fuß

Englischer Begriff

Cavus foot; Pes cavus

Definition

Angeborene oder erworbene Fußfehlform mit überhöhter Längswölbung und Steilstellung des Mittelfußes.

Pathogenese

Abgesehen von einer Vielzahl ätiologisch ungeklärter Hohlfüße überwiegen neurologische Ursachen (hereditäre motorische und sensorische Neuropathie, Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung, Myelodysplasie, Enzephalitis, Poliomyelitis, Friedreich-Ataxie, spinale Muskelatrophie, neurale Tumoren). Das muskuläre Ungleichgewicht zwischen dem M. triceps surae, dem M. tibialis anterior und den Mm. peronaei wird als ursächlich für die Entstehung des Hohlfußes angesehen. Angeborene, myopathische, posttraumatische oder entzündliche Hohlfußdeformitäten sind selten.

Symptome

Druckbeschwerden im Schuh über dem hochgesprengten Gewölbe. Die vermehrte Belastung der Mittelfußköpfe (Metatarsalgie) resultiert aus der Steilstellung (Inklination) des Mittelfußes. Konsekutiv entwickeln sich Krallenzehen und Klauenzehen mit schmerzhaften dorsalen Schwielen.

Diagnostik

Klinik: Erhöhte mediale Längswölbung durch verstärkte Inklination des Mittel- und Vorfußes. Hyperpronation des Vorfußes mit vermehrter Inklination des ersten Mittelfußknochens. Der Scheitel des Ballenhohlfußes liegt meist in Höhe der distalen Fußwurzel. Zusätzlich kann eine Inversion des Rückfußes (Fersenvarus, Pes cavovarus) mit krankhaft gesteigerter Beschwielung unter dem lateralen Fußrand vorliegen, seltener eine Eversion des Rückfußes (Pes cavovalgus, Pes calcaneovalgus). Beim Hackenhohlfuß (Pes calcaneocavus, Pes calcaneovarus) mit Scheitel in Höhe der proximalen Fußwurzel imponiert eine vermehrte Steilstellung der Ferse. Neben einer hypotrophen Wadenmuskulatur zeigen die Betroffenen ein stampfendes Gangbild mit Standunsicherheit.

Röntgen: Steilstellung der Ferse und horizontale Orientierung des Talus. Oft Deformierung des Os naviculare. Betonte Steilstellung des ersten Mittelfußknochens.

Therapie

Schuhversorgungen sind geeignet, den Fuß zu betten und damit die Gehfähigkeit zu erhalten. Eine Korrektur der Deformität im Schuh ist nicht möglich. Operative Verfahren bestehen in einer Kombination geeigneter Weichteilmaßnahmen und knöcherner Korrekturen, wobei im Erwachsenenalter und bei fortgeschrittenen Deformitäten ausgedehnte Rückfußarthrodesen (Triple-Arthrodese) oft nicht zu umgehen sind.

Akuttherapie

Physiotherapie auf neurophysiologischer Grundlage mit Dehnung der plantaren Fußweichteile. Bei angeborenen mehrdimensionalen Hohlfußdeformitäten gegebenenfalls etappenweise Redression im Gipsverband.

Konservative/symptomatische Therapie

Orthopädisches Schuhwerk mit Hohlfußbettung und Weichbettung der Mittelfußköpfe. Dabei muss ein Ausgleich zwischen dem tiefer stehenden ersten Mittelfußknochen und dem relativ erhöhten fünften Mittelfußknochen herbeigeführt werden.

Operative Therapie

Weichteileingriffe: Die Ablösung der plantaren Weichteile vom Kalkaneus (Steindler-Release) reduziert die Weichteilspannung der Fußsohle. Eine Rückverlagerung des M. peronaeus longus auf den M. peronaeus brevis ist geeignet, die Inklination des ersten Mittelfußstrahls zu verringern. Die Achillessehnenverlängerung kann den oft vorhandenen Spitzfuß reduzieren.

Knöcherne Korrekturen: Fußwurzelarthrodesen (subtalar, Triple-Arthrodese) mit dorsobasaler Keilentnahme können in Höhe des Krümmungsscheitels oder als V-förmige Fußwurzelosteotomie mit dorsal gerichteter Verschiebung des Mittel- und Vorfußes (Japas-Operation) durchgeführt werden. Eine Kalkaneuskorrekturosteotomie ist zur Behebung der Steilstellung oder der Ferseninversion oft erforderlich. Extensionsosteotomien des ersten Mittelfußknochens können die vermehrte Inklination beheben. Bei Klauenzehen können die Rückverlagerung der Extensorensehnen auf die Metatarsalbasen, Arthrodesen der Kleinzehenmittelgelenke und die Jones-Operation am ersten Strahl (Rückverlagerung der Sehne des M. extensor hallucis longus auf den ersten Mittelfußkopf, Arthrodese des Interphalangealgelenks) durchgeführt werden.

Dauertherapie

Ist eine operative Therapie kontraindiziert oder nicht gewünscht, besteht die Dauertherapie in einer individuell angepassten Fußbettung. Mit der operativen Therapie lässt sich die Fußform deutlich verbessern. Einlagen oder auch orthopädische Schuhe sind vor allem bei neurologisch bedingten Hohlfüßen oft nicht zu vermeiden.

Bewertung

Isolierte Weichteileingriffe sind nur bei Kindern bis zum siebten Lebensjahr indiziert, wobei die Ergebnisse der Steindler-Operation oder der Sehnentranspositionen nicht zufriedenstellend sind. Eine Entspannung des medialen Fußrands ist durch eine Kapselspaltung der Gelenke der medialen Fußsäule sowie eine anteilige Verlagerung des M. tibialis posterior auf die laterale Fußwurzel zu erreichen.Insgesamt ist bei der operativen Behandlung der kindlichen Hohlfußdeformität bestenfalls eine Verhinderung der Progredienz zu erwarten. Im Erwachsenenalter muss befundadaptiert eine Kombination aus Weichteileingriffen und knöcherner Korrektur durchgeführt werden.

Nachsorge

Nach operativen Therapiemaßnahmen, die aus einer Sehnenverlagerung und einer knöchernen Korrektur bestehen, muss der Fuß bis zur knöchernen Konsolidierung bzw. der Anheilung der Sehne (zwölf Wochen) in Korrekturstellung in einem Unterschenkelgips ruhiggestellt entlastet werden.

Autor

Renée Fuhrmann

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