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Spinalkanalstenose

Synonyme

Spinale Enge

Definition

Durch degenerative, traumatische, entzündliche oder neoplastische Erkrankungen hervorgerufene Einengung des Spinalkanals, was zur Kompression des Rückenmarks oder von Spinalnerven führt.

Pathogenese

Eine Vielzahl von degenerativen, traumatischen, entzündlichen oder neoplastischen Erkrankungen kann zur Einengung des Spinalkanals führen. Beispiele sind der Bandscheibenvorfall, die degenerativ bedingte Hypertrophie des Lig. flavum mit hypertropher Facettengelenkarthrose, Frakturen mit Absprengung eines Hinterkantenfragments, die Spondylodiszitis oder Wirbelkörpermetastasen von Tumoren. Im Rahmen degenerativer Erkrankungen ist die Spinalkanalstenose am häufigsten in der Lendenwirbelsäule lokalisiert. Gemeinsame Endstrecke aller Pathologien kann eine Einengung des Spinalkanals sein. Ist in einem Segment der Durchmesser des Spinalkanals bzw. die Querschnittsfläche im Vergleich zu angrenzenden Segmenten reduziert, spricht man von relativer Spinalkanalstenose, bei einer Reduktion des Durchmessers unter 10 mm spricht man von absoluter Spinalkanalstenose; diese Einteilung ist jedoch willkürlich. Entscheidend ist die Tatsache, dass entweder das Rückenmark oder eine Spinalnervenwurzel eingeengt wird, was zum einen zur mechanischen Kompression von Nervengewebe führt, zum anderen eine Kaskade entzündlicher Prozesse mit Freisetzung proinflammatorischer Zytokine und anderer Entzündungsmediatoren anstößt. Es besteht keine strenge Korrelation zwischen dem Ausmaß der Einengung und dem Schweregrad neurologischer Symptome.

Symptome

Die Symptome der Spinalkanalstenose können vielfältig sein und können in lokale und peripher lokalisierte Beschwerden untergliedert werden. Lokale Beschwerden treten im Rahmen degenerativer Erkrankungen hauptsächlich in Form einer Lumbalgie auf, bei einer Spinalkanalstenose anderer Genese können natürlich auch proximal davon gelegene Wirbelsäulenabschnitte betroffen sein. Periphere Beschwerden sind die Ischialgie als Schmerzsyndrom sowie neurologische Ausfallserscheinungen im Sinne von Paresen und Herabsetzungen sensibler Qualitäten. Auch vegetative Funktionsstörungen wie Entleerungsstörungen der Blase mit Harnverhalt, Urin- oder Stuhlinkontinenz und Impotenz können auftreten. Bei fortgeschrittener Spinalkanalstenose kann es dem Patienten aufgrund der Schmerzen oder zunehmender muskulärer Schwäche unmöglich sein, längere Strecken aufrecht zu gehen, was zum Pausieren oder zum Vornüberneigen zwingt; dies wird als Claudicatio spinalis bezeichnet.

Diagnostik

Bei der klinischen Untersuchung können eine skoliotische Seitausbiegung sowie eine Steilstellung der Lendenwirbelsäule mit Entlordosierung beobachtet werden. Umgekehrt kann jedoch auch die anlagebedingte Hyperlordose im Laufe der Jahre zu degenerativen Veränderungen und einer Spinalkanalstenose führen. Bei der Palpation finden sich schmerzhafte knöcherne Druckpunkte oder schmerzhafte Bewegungssegmente sowie ein muskulärer Hartspann oder Myogelosen. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule wird durch die Bestimmung des Fingerspitzen-Boden-Abstands und des Maßes nach Schober dokumentiert. Die neurologische Untersuchung sucht nach Paresen, Reflexdifferenzen, pathologischen Reflexen (Babinski) und Gebieten herabgesetzter Berührungsempfindung, wobei nach einer Dermatomzuordnung der Ausfälle zu suchen ist. Die Untersuchung der perinealen und perianalen Sensibilität und des Sphinktertonus ist obligat. Die bildgebende Diagnostik wird einleitend mit Nativröntgenbildern der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte oder der gesamten Wirbelsäule durchgeführt, in aller Regel wird dies mit der Magnetresonanztomographie ergänzt. Laboruntersuchungen sind durchzuführen, wenn neoplastische, rheumatologische oder infektiöse Ursachen einer Spinalkanalstenose vermutet werden.

Differenzialdiagnose

Degenerative, traumatische, entzündliche und neoplastische Erkrankungen können zur Spinalkanalstenose führen und müssen in die differentialdiagnostischen Erwägungen einbezogen werden. Mit Abstand häufigste Ursache der Spinalkanalstenose sind degenerative Veränderungen, aber in Abhängigkeit vom Lebensalter des Patienten und der Anamnese (Tumorerkrankung? Sepsis?) müssen die selteneren Ursachen der Spinalkanalstenose bedacht werden.

Therapie

Die Therapie der Spinalkanalstenose richtet sich nach der zugrunde liegenden Pathologie. Bei der häufigen, degenerativ verursachten Form wird die konservative Therapie oft einleitend begonnen. Da jedoch damit die Pathologie nicht kausal verändert wird, muss in vielen Fällen eine operative Dekompression vorgenommen werden.

Akuttherapie

Bei dem Bild einer Spinalkanalstenose mit akuter Lumbago führen kurzfristige Ruhigstellungen kombiniert mit Analgetika nach dem WHO-Stufenschema oft zu einer gewissen Beschwerdebesserung. Bei einer durch Entzündung, Tumor oder Trauma verursachten akuten Spinalkanalstenose muss eine sofortige operative Dekompression erfolgen.

Konservative/symptomatische Therapie

Initial bei starken Schmerzen und Fehlen neurologischer Symptome Ruhigstellung im Stufenbett, nach Abklingen der Schmerzen allmählich physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen.

Medikamentöse Therapie

Eine Kombination von NSAID und Paracetamol, gegebenenfalls bei stärkeren Schmerzen niedrigpotente Opiate nach dem WHO-Stufenschema. Bei akuter durch Tumoren, entzündliche Prozesse oder Traumata hervorgerufene Spinalkanalstenose kann die hochdosierte Gabe von Methylprednisolon nach dem NASCIS-Schema indiziert sein (siehe Rückenmarkverletzung).

Operative Therapie

Bei degenerativ bedingter, relevanter Spinalkanalstenose in Kombination mit therapieresistenter Schmerzhaftigkeit liegt eine Operationsindikation vor, die beim Vorliegen neurologischer Symptome zusätzlich gestärkt wird. Die operative Dekompression eingeengter Segmente kann mit der Stabiliserung durch Spondylodese kombiniert werden, wobei sowohl ausschließlich dorsale Instrumentierungen oder aber dorsoventrale Kombinationen zur Anwendung kommen.

Dauertherapie

Anleitung zu körperlicher Aktivität, bei Übergewicht Gewichtsreduktion, Rückenschule.

Bewertung

Die operative Behandlung der degenerativ bedingten Spinalkanalstenose führt häufiger zur Besserung der peripheren Symptome wie Ischialgie, lokale Beschwerden im Sinne der Lumbalgie bleiben dagegen häufig in gewissem Maß bestehen. Bei entzündlicher oder tumorös bedingter Spinalkanalstenose bestimmt die Grundkrankheit maßgeblich den weiteren Verlauf.

Autor

Nils Hailer

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