Springer-Verlag
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z 0-9

Sattelblock

Synonyme

Tiefe Spinalanästhesie

Englischer Begriff

Saddle block anesthesia; Saddle block

Definition

Eine Reithosenanästhesie lässt sich durch einen Sattelblock erzielen, d. h. durch eine tiefe Spinalanästhesie, die sich speziell auf die Segmente S1–S5 erstreckt. Man unterscheidet den eigentlichen Sattelblock (Reithosenanästhesie) von einem modifizierten erweiterten Sattelblock, bei welchem die Lokalanästhetika auch die untersten Lumbalsegmente erreichen und eine Analgesie oder Anästhesie der Innenseite der Oberschenkel und der untersten medialen Bauch- und Leistenregion erzeugen, ohne dass eine komplette muskuläre Lähmung der unteren Extremitäten auftritt. Der erweiterte Sattelblock kann sich im Sinne einer tiefen Spinalanästhesie durch Diffusion der anästhetischen Lösung und Verteilung nach kranial zu einer Unterbauchanästhesie bis Th10, also bis Nabelhöhe, unter Beteiligung der unteren Extremitäten (absichtlich oder unabsichtlich) entwickeln.

Indikation

Der (echte) Sattelblock schaltet nur die Sensibilitätszone an Damm und Anus, am äußeren Genitale, an den unteren Beckenorganen sowie am Beckenboden aus und führt damit zur Reithosenanästhesie. Sein Indikationsbereich erstreckt sich demgemäß auf die Proktologie, anale Chirurgie, Urologie, Gynäkologie und Geburtshilfe. Nur die zu einer tiefen Spinalanästhesie erweiterte Form des Sattelblocks ermöglicht operative Eingriffe im Unterbauchbereich, am Rektum, am weiblichen Genitale und Damm, während der echte und auch der erweiterte Sattelblock größere abdominelle Eingriffe nicht zulassen.

Kontraindikation

Absolute Kontraindikationen: Ablehnung des Verfahrens durch den Patienten, Infektionen oder Tumore im Bereich der Punktionsstelle, Allergie auf Lokalanästhetika, Gerinnungsstörungen, therapeutische Antikoagulation, aktuelle Blutungen, erhöhter Hirndruck, Aortenstenose.

Relative Kontraindikationen: Fehlende Kooperation des Patienten, Lagerungsprobleme, generalisierte Infekte und Sepsis, neurologische Vorerkrankungen, Zustände nach rückenmarknahen Operationen (z. B. Laminektomien), Deformitäten der Wirbelsäule, akuter Diskusprolaps, unkorrigierte Hypovolämie bzw. Hypotonie, manifeste Herzinsuffizienz.

Durchführung

Das Verfahren ist – wenn auch in weit geringerem Maße – mit denselben Komplikationsmöglichkeiten wie die Spinalanästhesie belastet.

Nach Desinfizierung der Haut über dem Lumbal- und Sakralgebiet wird meist in sitzender, selten in seitlich liegender Position, der Zwischenwirbelraum zwischen L3/L4 oder L4/L5 punktiert. Nach Durchstechen des Lig. flavum und der Dura lässt man einige Tropfen Liquor abfließen, um den Nachweis der einwandfreien Punktion des Durasacks zu liefern. Dann wird unter sanftem und gleichmäßigem Druck die anästhetische Lösung injiziert, so dass im Rückenmarkkanal keine zu große Durchmischung mit Liquor erfolgt und eine Depotbildung erreicht wird.

In der Regel wird für die Durchführung eines Sattelblocks eine hyperbare Lösung (mit höherem spezifischen Gewicht als Liquor) verwendet. Daher ist es zweckmäßig und üblich, die verschiedenen Formen des Sattelblocks im Sitzen durchzuführen, damit das Anästhetikum nach unten sinkt und nicht in zu hohe Segmente aufsteigt. Wird der Patient unmittelbar nach erfolgter vorsichtiger Injektion sofort flach auf den Rücken gelegt, entsteht eine tiefe Spinalanästhesie etwa bis Th10 (Nabelhöhe). Lässt man den Patienten 20 bis 30 Sekunden nach vollendeter Injektion noch in aufrechter Position sitzen und bringt ihn dann erst in Rückenlage, entsteht der erweiterte Sattelblock mit einer Analgesie der Oberschenkelinnenflächen oder Hypalgesie der Beine, soweit sie von den Sakralnerven versorgt werden, jedoch noch ohne motorische Lähmung.

Für die Erzielung des reinen Sattelblocks ist es erforderlich, den Patienten nach vollendeter Injektion in den Spinalkanal mindestens eine Minute in aufrechter Position sitzen zu lassen, so dass die größte Menge des Anästhetikums vor allem an den Sakralnerven haften bleibt. Wird der Patient anschließend in Rückenlage gebracht, erreichen praktisch keine wirksamen Mengen die unteren Lumbalsegmente. Die Anästhesie beschränkt sich tatsächlich nur auf den Sattelbereich, es entsteht die Reithosenanästhesie.

Nachbehandlung

Eine Nahrungskarenz wie nach einer Allgemeinanästhesie ist nicht erforderlich.

Autor

Peter Teschendorf

Anzeige

© Springer 2017
Powered by kb-soft