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Eisenstoffwechselstörung

Definition

Störungen des Eisenstoffwechsels, die entweder durch einen Mangel oder einen Überschuss an Körpereisen gekennzeichnet sind.

Pathogenese

Der Eisenstoffwechsel reguliert den Körperbestand an zweiwertigem Eisen (Fe2+), wobei es sowohl zu Eisenmangelzuständen als auch zur übermäßigen Speicherung von Eisen kommen kann. Die Hauptursache von Eisenmangelzuständen ist der Eisenverlust durch chronische Blutungen (Ulzerationen, Karzinome des Gastrointestinaltrakts, Menstruationsblutungen). Auch die mangelhafte Zufuhr oder eine Malabsorption können zum Eisenmangel führen. Bei der hereditären Hämochromatose kommt es zur unkontrollierten Eisenresorption aus dem Dünndarm, mit der Folge einer Überlastung des Körpers mit Eisen. Dies führt zur Leberzirrhose, zur Pankreasinsuffizienz mit der Folge eines Diabetes mellitus, zur bronzenen Hautverfärbung, zur Kardiomyopathie und bei ca. 25 % der Patienten zur Arthrose kleiner und großer Gelenke. Bei chronischen Entzündungen oder Tumoren kommt es zur Abgabestörung von Eisen aus den Eisenspeichern, was zur Eisenmangelanämie führen kann. Gleichzeitig sind aber die Eisenspeicher übervoll. Zuletzt sind noch sekundäre Siderosen zu nennen, also Eisenspeicherkrankheiten durch übermäßige exogene Eisenzufuhr, wie sie bei oft wiederholten Transfusionen, beispielsweise im Rahmen der Thalassämie, erforderlich sind.

Symptome

Leitsymptom des Eisenmangels ist die mikrozytäre, hypochrome Anämie mit den klinischen Zeichen der raschen Ermüdbarkeit, Ohrensausen bei Belastung, Tachykardie und Blässe. Bei der Hämochromatose finden sich in variabler Zusammensetzung Symptome der Leberstoffwechselstörung bis hin zur manifesten Zirrhose, Zeichen der Herzinsuffizienz, ein Diabetes mellitus mit entgleisten Blutzuckerwerten, eine bronzeartige Pigmentierung der Haut („Bronzediabetes“) und Arthrosen mit Schmerzen insbesondere an den Metakarpophalangealgelenken der Hand und Arthrosen von Knie- und Hüftgelenken. Bei chronischen Entzündungen und Tumoren sind die Symptome der Grunderkrankung wegweisend.

Diagnostik

Eine Abklärung der Ursachen der Eisenstoffwechselstörung ist obligat, da sich dahinter chronische und ernste Krankheitsbilder verbergen können. Es muss also – je nach Art der Störung des Eisenstoffwechsels – nach gastrointestinalen Blutungsquellen, Tumoren, chronischen Entzündungen oder der Hämochromatose gefahndet werden. Der Eisenmangel ist laborchemisch in frühen Stadien durch eine niedrige Ferritinkonzentration im Serum gekennzeichnet (prälatenter Eisenmangel), später sinkt das Eisen im Serum ab, während das Transferrin kompensatorisch ansteigt (latenter Eisenmangel). Erst zuletzt kommt es zum Absinken des Hämoglobinwerts und zur Anämie (manifester Eisenmangel). Bei der Hämochromatose kommt es aufgrund der Überfüllung der Eisenvorräte des Körpers laborchemisch zu einer Erhöhung von Eisen und Ferritin im Serum mit begleitender erhöhter Transferrinsättigung. Chronische Entzündungen und Tumoren können sich in erhöhten Entzündungsparametern niederschlagen.

Differenzialdiagnose

Tumoren, chronische Entzündungen, Malassimilationssyndrome, urogenitale oder gastrointestinale Blutverluste.

Therapie

Die Therapie hat sich nach der Art der zugrunde liegenden Störung des Eisenstoffwechsels zu richten.

Akuttherapie

Schwere, lebensbedrohliche Anämien werden durch Transfusionen von Erythrozytenkonzentraten behandelt.

Konservative/symptomatische Therapie

Bei der hereditären Hämochromatose ist der Aderlass die symptomatische Therapie der Wahl; um Eiweißverlusten vorzubeugen, lässt sich dies auch durch Erythroapherese durchführen. Arthrosen im Rahmen der Hämochromatose sind den üblichen konservativen Therapiemaßnahmen wie Physiotherapie, physikalischer Therapie und Analgetikagabe zugänglich.

Medikamentöse Therapie

Ein Eisenmangel muss abgeklärt und eine kausale Therapie eingeleitet werden. Die Auffüllung der Eisenvorräte erfolgt durch perorale Applikation von Präparaten mit zweiwertigem Eisen (Eisensubstitution). Eine intravenöse Gabe von Eisen ist selten notwendig, wenn sie durchgeführt wird, muss dreiwertiges Eisen (Fe3+) gegeben werden! Bei der hereditären Hämochromatose kann eine Behandlung mit Deferoxamin versucht werden, die allerdings bei sekundären Siderosen erfolgreicher ist.

Operative Therapie

Fortgeschrittene Arthrosen der großen Gelenke werden durch endoprothetischen Gelenkersatz behandelt.

Nachsorge

Die Nachsorge richtet sich nach der Grunderkrankung. Im Falle der Hämochromatose sind lebenslange Kontrollen des Eisenstoffwechsels und eine Überwachung der häufig erkrankenden Organsysteme erforderlich.

Autor

Nils Hailer

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