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Klumpfuß

Synonyme

Pes equinovarus adductus congenitus; Spitzklumpfuß

Englischer Begriff

Clubfoot; Congenital talipes equinovarus

Definition

Angeborene oder erworbene dreidimensionale Fußfehlform mit Inversion und Spitzfußstellung des Rückfußes, Hohlfußkomponente sowie Adduktion des Mittelfußes (Abb. 1).


Abb. 1.
Klumpfüße eines Neugeborenen

Pathogenese

Intrauterine Zwangslagen sowie ein Fruchtwassermangel werden ebenso wie genetische Defekte als ursächlich für den idiopathischen angeborenen Klumpfuß angeschuldigt. Inwieweit qualitative Veränderungen der Muskulatur als kausaler Faktor oder als sekundäre Folge der Deformität anzusehen sind, ist noch ungeklärt. Der unterschiedlich schwer deformierte Talus ist vermehrt nach plantar flektiert und befindet sich lateral des Os naviculare. Das Os naviculare selbst ist nach medial disloziert und keilförmig deformiert. Der Kalkaneus ist adduziert und invertiert, so dass seine Kontaktzone zum Talus reduziert ist. Das Os cuboideum ist ebenfalls adduziert und invertiert, so dass nur eine geringe Artikulation zum Kalkaneus besteht. Die Ossa cuneiformia sind zusammen mit dem Mittelfuß adduziert.

Sekundäre Klumpfußdeformitäten haben meist neuromuskuläre Ursachen (z. B. Myelomeningozele, Zerebralparese, Muskeldystrophie, hereditäre motorische und sensorische Neuropathie). Nur selten führen Frakturen des Rückfußes, Läsionen peripherer Nerven oder Infektionen zur Ausbildung einer Klumpfußdeformität.

Symptome

Die Inspektion des angeborenen Klumpfußes zeigt beim Neugeborenen einen Hochstand der Ferse bei gleichzeitig ausgeprägter Spitzfußstellung und Inversion. Durch die Inversion und Adduktion des Rückfußes sowie die Adduktion des Vorfußes erscheint der Fuß verkürzt und zudem eine Hohlfußkomponente aufzuweisen. Der laterale Fußrand ist hingegen konvex geformt. Der Taluskopf ist oft lateral tastbar. Je nach Ausmaß der Deformität finden sich medial tiefe Hautfalten.

Sekundäre Klumpfußdeformitäten oder Klumpfußrezidive, die nach Erreichen der Gehfähigkeit auftreten, verursachen eine Überbelastung des lateralen Fußrands, was mit der Ausbildung schmerzhafter Schwielen verbunden ist. Das Gangbild ist unsymmetrisch mit verkürzter Standphase. Die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk ist durch die nach plantar und lateral orientierte Talusachse reduziert. Die Wadenmuskulatur ist hypotroph.

Diagnostik

Bei Vorliegen einer angeborenen Fußdeformität sollten weitere Erkrankungen des Bewegungsapparats (z. B. Hüftdysplasie) ausgeschlossen werden. Im klinischen Alltag hat sich die Einteilung nach Dimeglio bewährt. Grad I („soft-soft“) bezeichnet geringe und redressierbare Klumpfußfehlhaltungen. Grad II („soft-.jpgf“) sind mäßiggradige Deformitäten, die sich etappenweise manuell ausgleichen lassen. Grad III („.jpgf-soft“) sind mäßiggradige Deformitäten, die sich nur teilweise redressieren lassen und Grad IV („.jpgf-.jpgf“) bezeichnet schwere Klumpfußdeformitäten, die sich passiv nicht ausgleichen lassen.

Röntgenologisch zeigt sich auf der Aufsichtsaufnahme eine Reduktion bis Aufhebung des talokalkanearen Winkels (normal 20–40°) und eine Vergrößerung des talometatarsalen Winkels (normal 0–20°). In der Seitaufnahme sind Talus und Kalkaneus nahezu parallel orientiert (normal 10–50°).

Differenzialdiagnose

Flexible Fußdeformität durch Schwäche der peronealen Muskelgruppe und Überwiegen des M. tibialis posterior.

Therapie

Die Therapie der idiopathischen angeborenen Klumpfußdeformität besteht in einer möglichst frühzeitigen manuellen Redression der einzelnen Fehlstellungskomponenten mit anschließender Immobilisation bzw. einer gezielten manuellen Mobilisationsbehandlung. Wenn die Deformität nach Ablauf von drei Monaten nicht ausgeglichen werden konnte, sind operative Maßnahmen an den periartikulären Weichteilen erforderlich. Zur Behandlung sekundärer erworbener Klumpfußdeformitäten reichen Weichteilmaßnahmen meist nicht aus, so dass knöcherne Eingriffe (Osteotomien, Arthrodesen) erforderlich sind.

Akuttherapie

Unmittelbar nach der Geburt werden entsprechend der unterschiedlichen Behandlungsphilosophien die einzelnen Fehlstellungskomponenten schrittweise redressiert und anschließend ein Oberschenkelgipsverband in 90°-Kniebeugung zur Retention angelegt. Die Spitzfußstellung des Rückfußes wird erst zuletzt ausgeglichen.

Konservative/symptomatische Therapie

Die Redressionsretentionstherapie wird über acht bis zwölf Wochen fortgesetzt, wobei die Gipsverbände anfangs täglich oder zumindest mehrfach wöchentlich gewechselt werden müssen. Später können die Abstände auf sieben bis zehn Tage erhöht werden. Anschließend ist eine intensive Übungsbehandlung auf neurophysiologischer Grundlage indiziert. Zwischenzeitlich wird der Fuß in einer Lagerungsschiene gefasst. Diese Behandlung kann sich bei gutem Ansprechen bis zum neunten bis zwölften Lebensmonat fortsetzen.

Operative Therapie

Selten ist eine alleinige Verlängerung der Achillessehne zur Behandlung des meist verbliebenen Fersenhochstandes ausreichend. Eine Arthrolyse der posterioren Kapsel des oberen Sprunggelenks sowie des Subtalargelenks ist meist unumgänglich. Wenn zusätzlich eine Adduktionsinversionsfehlstellung des Rückfußes vorliegt, empfiehlt sich die Durchführung eines Cincinnati-Zugangs, bei dem die Ferse posterior bogenförmig nach medial und lateral umschnitten wird. Von diesem Zugang können ein Release des Talonavikulargelenks, eine Verlängerung des M. tibialis posterior und M. abductor hallucis sowie ein Release der Plantarfaszie durchgeführt werden. Von lateral kann eine Tenolyse der Peronealsehnen und ein Release des Kalkaneokuboidgelenks erforderlich werden. Die Reposition des Rückfußes kann über Kirschner-Drähte gesichert werden. Postoperativ ist eine Immobilisation im Oberschenkelgipsverband über sechs Wochen erforderlich, bevor mit Physiotherapie und Lagerungsschienen begonnen werden kann.

Die sekundären Deformitäten bei älteren Kindern oder Erwachsenen, die oft kontrakt sind, müssen meist knöchern korrigiert werden. Dies ist je nach Befund mit einer lateralen Keilentnahme aus dem Kalkaneus oder dem Os cuboideum, einer additiven Osteotomie im Bereich des Os cuneiforme mediale oder entsprechenden Korrekturarthrodesen des Rückfußes bzw. der Fußwurzel möglich.

Dauertherapie

Dehnungs- und Kräftigungsübungen sowie das Erlernen koordinativer Fähigkeiten sind nach der Behandlung eines idiopathischen, angeborenen Klumpfußes über viele Jahre erforderlich. Individuell angefertigte Schuhe sind meist nicht erforderlich. Sogenannte Antivarusschuhe können geeignet sein, beim Kleinkind die noch vorhandene restliche Adduktion des Vorfußes zu korrigieren. Nach Abschluss der Behandlung sekundärer Klumpfußdeformitäten sind Schuheinlagen, Schuhzurichtungen oder selten orthopädisches Schuhwerk erforderlich, um die Funktion des Fußes zu verbessern und das Gehen zu erleichtern.

Bewertung

Etwa die Hälfte aller idiopathischen angeborenen Klumpfußdeformitäten lassen sich erfolgreich konservativ behandeln. Bei anderen Hälfte sind operative Eingriffe erforderlich, um eine Reposition des Rückfußes durch geeignete Kombinationen aus Weichteileingriffen und knöchernen Korrekturen zu erreichen.

Nachsorge

Eine engmaschige Kontrolle der konservativ behandelten angeborenen Klumpfußdeformitäten ist bis zum Ausgleich aller Fehlstellungskomponenten erforderlich. Dies kann bis zum Erreichen des Schulalters erforderlich sein. Gleiches gilt auch für die operativ korrigierten Deformitäten.

Autor

Renée Fuhrmann

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