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Ostitis

Synonyme

Osteitis

Englischer Begriff

osteomyelitis

Im englischen Sprachraum existiert die Unterscheidung zwischen Osteitis und Osteomyelitis nicht. Alle Knocheninfektionen werden – unabhängig von ihrer Ursache – als „osteomyelitis“ bezeichnet.

Definition

Postoperative oder posttraumatische Knochen-Weichteil- und Gelenkinfektion bakterieller, fungiformer oder parasitärer Genese.

Pathogenese

Das Auftreten einer Osteitis ist abhängig von der Anzahl der eingebrachten Keime, der Virulenz der Keime und dem Schädigungsgrad von Knochen- und Weichteilen im Verletzungs-/Operationsbereich. Die natürliche Resistenz des Knochens gegen das Eindringen von Keimen wird außerdem durch körperfremde Materialien wie z. B. Platten, Nägel, Schrauben, Fixateurpins sowie Gelenkprothesen und Knochenzement um den Faktor 1000 reduziert.

Erregerspektrum: Staphylococcus aureus tritt mit 30–70 % bei Knocheninfektionen auf. Knocheninfektionen in Verbindung mit intraoperativ eingebrachtem Fremdmaterial werden bis zu 90 % durch Staphylococcus epidermidis hervorgerufen. Weiterhin treten häufig Mischinfektionen sowie Infektionen mit gramnegativen Keimen auf.

Die eitrige Osteitis lässt sich in eine akute, subakute und chronische Form unterteilen:

akute (exogene) Osteitis: bei direkter Keiminokulation in den Knochen nach Trauma oder Operation

subakute Osteitis: Brodie-Abszess

chronische Osteitis: persistierende produktive Knochenentzündung, die mehr als 4 Wochen besteht und durch Fistelbildung mit chronischer Eiterung gekennzeichnet ist. Die Infektion wird durch Sequester, die als Keimreservoir dienen und durch Abkapselung im Narbengewebe isoliert sind, unterhalten. Osteolysenbildung und Entstehung einer infizierten Pseudarthrose sind weitere wichtige pathophysiologische Vorgänge.

Symptome

Persistierende Schmerzen über dem betroffenen Knochenareal. Weiterhin können ulzeröse Weichteildefekte über der entsprechenden Knochenregion Hinweise für eine chronische Osteomyelitis geben. Nach asymptomatischen Intervallen von Monaten und Jahren kann es zum erneuten „akuten Schub“ der Osteitis kommen, die mit lokalen und selten auch mit systemischen Entzündungszeichen einhergeht.

Diagnostik

Anamnese und körperliche Untersuchung der Extremität. Routinemäßige radiologische Darstellung der betroffenen Knochenregion mit den angrenzenden Gelenken in 2 Ebenen. Ggf. Erweiterung der Diagnostik durch Sonographie (Darstellung von Weichteilödem, subperiostaler Flüssigkeit, Gelenkerguss und umschriebenen Flüssigkeitsverhalten) und durch CT (Darstellung von Knochenfragmenten, Sequestern, freien Gelenkkörpern, Pseudoarthrosen sowie Beurteilung komplexer Frakturen sowie zur präoperativen Planung). Besondere Bedeutung zur Beurteilung der entzündlichen Veränderung sowohl des Knochens als auch des Weichteilmantels kommt der MRT zu (cave: Implantate je nach Material, Herzschrittmacher).

Differenzialdiagnose

Chronische, hämatogene Osteomyelitis, Knochentumoren

Therapie

Chirurgisch

Akuttherapie

Siehe unter operativer Therapie

Konservative/symptomatische Therapie

Keine konservative Therapie

Medikamentöse Therapie

Die Antibiotikatherapie ist eine den operativen Eingriff unterstützende Therapie ohne kurativen Anspruch. Es sollten knochengängige Antibiotika verwendet werden, die sowohl systemisch als auch lokal appliziert werden.

Operative Therapie

Die chirurgische Herdsanierung ist für den Erfolg entscheidend. Dazu muss avitales Gewebe (Sequestrotomie, Wunddébridement) sowie infiziertes Fremdmaterial vollständig entfernt werden. Weiterhin muss eine ausreichende Blutversorgung vorhanden sein oder durch plastische Maßnahmen für eine Verbesserung der Durchblutung gesorgt werden. Außerdem ist für die Infektberuhigung eine stabile Reosteosynthese (z. B. mit Fixateur externe, Ringfixateur) erforderlich. In Abhängigkeit von der Größe des Defektes ist ein mehrzeitiges Vorgehen, das im Rahmen eines befundadaptieren Revisionskonzeptes als programmierte Etappenrevision bezeichnet werden kann, erforderlich. Die Rekonstruktion des Knochens bei Vorliegen größerer Defekte erfolgt sekundär nach Ausheilen des Infektes. Adjuvant können lokal Antibiotika appliziert werden (z. B. PMMA-Ketten oder resorbierbare Antibiotikavliese).

Dauertherapie

Prinzipiell wird die chirurgische Herdsanierung angestrebt. Die Antibiotikagabe wird i.d.R. dennoch bis zur Normalisierung der laborchemischen Entzündungsparameter und zwei Wochen darüber hinaus fortgeführt.

Bewertung

Eine Osteitis stellt ein komplexes Krankheitsbild dar, das nur durch ein befundadaptiertes Revisionskonzept, das konsequent verfolgt wird, zufriedenstellend behandelt werden kann.

Nachsorge

Regelmäßige klinische Kontrollen bis zur Befundnormalisierung. Bei Defektheilung ist ggf. eine orthopädietechnische Versorgung erforderlich.

Autor

Matthias Bühler, Hergo Schmidt

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