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Phantomschmerz

Englischer Begriff

Phantom Pain

Definition

Schmerzhafte Empfindung in einer nicht mehr vorhandenen Extremität bzw. Körperteil. Der Schmerz wird als einschießend, manchmal auch permanent mit stechendem, krampfartigem und brennendem Charakter beschrieben. Viele Patienten beschreiben den typischen Schmerz bei einem Unfall, bei einem chronischen Ulkus oder beim Amputationsereignis direkt. Man geht heute davon aus, dass der Phantomschmerz eine Sonderform des Deafferenzierungsschmerzes darstellt. Die Ursache ist bis heute noch nicht endgültig geklärt. Neben pathologischen Umbauvorgängen auf spinaler und zentraler Ebene (neuronale Plastizität) spielen auch periphere Triggermechanismen eine Rolle, speziell psychosozialer Stress, Wetterveränderungen, Kältereize, mechanische Irritationen, Wasserlassen und Defäkation sind häufiger beschrieben. Leidet der Patient bereits vor der Amputation über einen längeren Zeitraum über starke Schmerzen, ist die Inzidenz von Stumpf- und Phantomschmerzen wesentlich erhöht. Hier scheint eine kortikale Engrammierung vorzuliegen. Ein Löschen dieser Engramme durch neue Afferenzen aus dem Projektionsareal findet durch den Verlust der Extremität nicht mehr statt. Ein gleiches Phänomen ist letztendlich auch beim Phantomschmerz nach operativ geplanten Amputationen wahrscheinlich. In dieser Hinsicht werden positive Effekte von regionalen Anästhesieverfahren beschrieben, speziell von der Spinalanästhesie bzw. Epiduralanästhesie.

Es gibt Hinweise darauf, dass sich Phantomschmerzen und Phantomgefühle, aber auch Stumpfschmerzen gegenseitig verstärken (Triggereffekte).

Neuere Untersuchungen mit der Magnetenzephalographie zeigen, dass es nach einer Amputation zu einer Reorganisation im somatosensorischen Kortex kommt, die mit dem Auftreten von Phantomschmerzen korreliert.

Therapie

Prophylaxe ist eine konsequente prä-, peri- und postoperative Schmerztherapie. Langdauernde präoperative Schmerzzustände sollten durch konsequente Schmerztherapie vermieden werden. Intraoperativ garantiert eine schonende lokale Weichteil- und Nervenbehandlung sowie ein den Deafferenzierungsschmerz blockierende Anästhesietechnik eine geringere Häufigkeit von Phantomschmerzen. Postoperativ frühzeitig einsetzende medikamentöse Therapien senken ebenfalls die Phantomschmerzrate.

Autor

Bernhard Greitemann

FA Orthopädie, Physikalische und rehabilitative Medizin, Chefarzt und Ärztlicher Direktor Klinik Münsterland am Reha-Klinkum Bad Rothenfelde der DRV
Vorsitzender Vereinigung Techn. Orthopädie der DGOU und DGOOC
Vorsitzender Beratungsausschuss der DGOOC für das Orthopädieschuhtechnikhandwerk

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