Amyotrophe Lateralsklerose; Friedreich-Ataxie; Funikuläre Myelose; Spina bifida; Poliomyelitis
Rückenmarkerkrankungen sind angeborene bzw. genetisch determinierte Veränderungen des Rückenmarks oder traumatisch, infektiös, ischämisch oder neoplastisch bedingte Erkrankungen, die die Bahnen oder Neurone des Rückenmarks betreffen.
Erkrankungen des Rückenmarks können – wie andere Pathologien des zentralen Nervensystems auch – angeboren bzw. genetisch determiniert sein oder traumatisch, toxisch, infektiös, ischämisch oder neoplastisch verursacht werden. Beispiel für angeborene Veränderungen ist die Spina bifida; die Friedreich-Ataxie ist teilweise genetisch determiniert; posttraumatisch kann es zur Syringomyelie kommen; die Poliomyelitis ist infektiös verursacht; bei einem Verschluss der A. spinalis anterior kommt es zur ischämischen Schädigung; schließlich können primäre und sekundäre Tumore das Rückenmark befallen.
Es gibt keine einheitliche Symptomatik der Rückenmarkerkrankungen, denn unterschiedliche Krankheitsbilder betreffen unterschiedliche Bahnen oder Nervenzellen des Rückenmarks. Daraus können sich charakteristische Symptomkonstellationen ergeben, aus denen auf die Art der Erkrankung geschlossen werden kann. Beispielsweise betrifft die Friedreich-Ataxie vornehmlich die Hinterstränge mit ihren sensiblen Bahnen und die spinozerebellären Bahnen, was zur Ataxie führt. Auch bei der funikulären Myelose kommt es im Rahmen eines Vitamin-B12-Mangels zur Entmarkung der Hinterstränge, wiederum mit der Folge einer Ataxie. Poliomyelitisviren befallen hingegen vornehmlich die α-Motoneurone der Vorderhörner, weshalb es zu schlaffen Paresen der Skelettmuskulatur kommt. Auch die amyotrophe Lateralsklerose befällt die Motoneurone mit der Folge ähnlicher klinischer Symptome.
Die eingehende neurologische Untersuchung kann im Zusammenhang mit der Anamnese unter Umständen schon ohne weitere Hilfsmittel zur Diagnose führen. Selbstverständlich werden jedoch auch bildgebende Verfahren wie die Kernspintomographie, Laboruntersuchungen von Blut und Liquor und elektrophysiologische Verfahren in der Diagnostik eingesetzt.
Aufgrund der vielen pathogenetischen Mechanismen ist die Zahl möglicher Differentialdiagnosen außerordentlich hoch, siehe hierzu unter den jeweiligen Erkrankungen.
Die Therapie der Rückenmarkerkrankungen richtet sich nach der zugrunde liegenden Pathologie. Grundsätzlich ist jedoch aufgrund der mangelhaften Regenerationsfähigkeit des zentralen Nervensystems ein einmal entstandener Defekt nicht umkehrbar, was die therapeutischen Möglichkeiten begrenzt.
Aufgrund der Vielzahl möglicher neurologischer Ausfallserscheinungen können unterschiedliche Grade der Behinderung auftreten, von nur leichten Funktionseinschränkungen bis hin zur kompletten Querschnittslähmung. Dementsprechend muss die Palette der therapeutischen Anstrengungen weit gefächert sein. Physiotherapie, physikalische Therapie sowie die Hilfsmittelversorgung nehmen einen zentralen Platz ein.
Akute Schädigungen des Rückenmarks wie die traumatische Schädigung im Rahmen einer Wirbelkörperfraktur werden mit hochdosiertem Methylprednisolon behandelt. Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen wie der amyotrophen Lateralsklerose erhalten im Rahmen von Studien neuroprotektive Medikamente.
Morphologisch fassbare Veränderungen wie die Syringomyelie oder Tumoren können operativ angegangen werden, die zahlreichen neurodegenerativen Prozesse hingegen nicht.
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