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Aluminiumoxidkeramik

Englischer Begriff

Alumina ceramic

Definition

Aus nicht-gesintertem Aluminiumoxid hergestellter keramischer Werkstoff.

Beschreibung

Aluminiumoxid (Al2O3), auch Tonerde genannt, wird aus dem Rohstoff Bauxit nach verschiedenen Verfahren hergestellt. Beim Aluminiumoxid handelt es sich in den meisten Fällen um ein weißes Pulver. Am häufigsten wird Aluminiumoxid in seiner thermodynamisch stabilen Kristallmodifikation, dem Korund (α-Al2O3) eingesetzt. Dieser und auch dessen Einkristall, der Saphir, weisen eine hexagonal dichte Kugelpackung der Sauerstoffionen auf, zwei Drittel der Oktaederlücken sind mit Aluminiumionen besetzt. Aluminiumoxid, vor allem in Form des Korund, ist eines der härtesten bekannten Minerale nach dem Diamant. Der Schmelzpunkt von Aluminiumoxid liegt zwischen 2030°C und 2050°C.

Aluminiumoxidkeramiken sind Werkstoffe, die Sprödbruchverhalten zeigen. Wenn diese Keramiken mineralisch aus Korund bestehen und über Reinheiten > 95 % verfügen, zeigen sie aufgrund der sehr festen Ionenbindung im Material neben der genannten hohen Härte eine ausgezeichnete thermische und chemische Stabilität. Sie sind stabil gegen den korrosiven Angriff der meisten Säuren und Laugen.

Der Elastizitätsmodul liegt bei 380 GPa, die Bruchzähigkeit KIC beträgt 2–4 MPam0,5, die Vierpunktbiegefestigkeit erreicht Werte > 400 MPa. Die Wärmeleitfähigkeit von Aluminiumoxid erreicht bei Reinheiten > 99,5 % Werte von 30 W(mK)-1. Die theoretische Dichte des Korunds liegt bei 3,99 g/cm³.

Im Hinblick auf die Anwendung des Aluminiumoxids in der Orthopädie kommen vor allem dessen Eigenschaften zum Tragen, denen der Werkstoff seine gute Biokompatibilität verdankt. Dies sind die hohe Bindungsfestigkeit der im Kristallgitter vorherrschenden Ionenbindung und die sehr niedrige freie Enthalpie des α-Al2O3 von -1692 kJmol-1. Aufgrund dieser Parameter weisen Implantate aus Aluminiumoxid eine hohe Korrosionsstabilität und ein bioinertes Verhalten der Keramik in vivo auf.

Für den Einsatz als lasttragendes und tribologisch beanspruchtes Implantat sprechen die hohe Festigkeit des Materials, der hohe Elastizitätsmodul, seine hohe Härte und damit verbunden die hervorragende Verschleißbeständigkeit sowohl im Bereich der Nass- als auch der Misch- und Trockenreibung.

Anwendungen als Implantatmaterial fand und findet Aluminiumoxidkeramik im Bereich der Dentalmedizin (Wurzelstifte), vor allem aber im Bereich der Gelenkendoprothetik. Stand der Technik in der Hüftgelenkendoprothetik sind dabei künstliche Hüftköpfe und Hüftpfannen und Bipolarköpfe aus diesem Material.

Im Bereich der Kniegelenkendoprothetik gab es in den Jahren seit 1970 zahlreiche Versuche, Aluminiumoxidkeramik als Material für Kniekondylen- oder Tibiaimplantate zu etablieren, jedoch konnten sich diese Implantate aufgrund der nicht ausreichenden mechanischen Festigkeit der Aluminiumoxidkeramik und der damit verbundenen dickwandigen Auslegung der Implantate nicht durchsetzen.

Im Bereich der Schulterendoprothetik finden seit den 1990er Jahren Keramikimplantate als Artikulationspartner ähnlich wie in der Hüftgelenkendoprothetik ihre Anwendung.

Autor

Géza Pap

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