HIV, disturbed bone turnover
Veränderung der Knochenauf- und Knochenabbauvorgänge bei HIV-infizierten Patienten.
Veränderungen des Knochenstoffwechsels wurden bei HIV-infizierten Patienten beobachtet. Die Ergebnisse der Studien sind teilweise widersprüchlich. Ursachen hierfür liegen in unterschiedlichen Patientenkollektiven, welche untersucht wurden, und in der Verschiedenartigkeit der Behandlung. HIV-positive Personen ohne Komplikationen zeigen einen normalen Knochenstoffwechsel. Bei Fortschreiten der Erkrankung wird der Knochenstoffwechsel sowohl direkt durch das Virus als auch durch die antivirale Therapie beeinflusst. Hinzu kommen noch sekundäre Effekte durch die Beeinflussung anderer Organsysteme, die sich indirekt auf die Tätigkeit von Osteoblasten und -klasten auswirken. Eine Aktivierung des Knochenstoffwechsels (increased bone turnover) vermindert die Stärke der Kortikalis und verursacht eine Brüchigkeit des trabekulären Netzwerks. HIV-Patienten ohne hochpotente antiretrovirale Therapie (highly active antiretroviral therapy = HAART) zeigen eher erniedrigte Osteocalcinspiegel (Osteocalcin wird von Osteoblasten freigesetzt).
Einfluss der HIV-Infektion auf den Knochenstoffwechsel
Der Osteocalcinspiegel korreliert mit der viralen Belastung, der Zahl der CD4+-Zellen und der Aktivität des TNF-Systems. Verschiedene Zytokine IL-1, IL-6, IL-11, TNF-α stimulieren die Osteoklastenaktivität, IL-1 und TNF-α hemmen zusätzlich die Osteoblastenaktivität. Die niedrigen Parathormonspiegel (PTH) vermindern ebenfalls den Knochenaufbau. Negativ mögen sich auch die erniedrigten Spiegel des Insulin-growth-Faktors und die erhöhten Kortikoidspiegel auswirken. 1,25-(OH)2D-Spiegel waren ebenfalls erniedrigt. Die TNF-α-Aktivität hemmt wahrscheinlich auch die Bildung und Ausreifung der Osteoblasten und ihrer Vorstufen. Neben einer Aktivierung der Osteoklasten durch erhöhte Osteoprotegerinspiegel existiert auch eine direkte virale Wirkung auf die Osteoklasten. Die Kalziumspiegel sind im niedrigen normalen Bereich oder erniedrigt.
Einfluss von HAART auf den Knochenstoffwechsel
Nach Beginn einer HAART kommt es zu einer Hemmung der HIV-vermittelten Effekte auf die Osteoblasten und -klasten und einer Senkung der TNF-α-Aktivität, die virale Belastung nimmt ab und die Zahl der CD4+-Zellen stabilisiert sich oder nimmt zu, d. h. die Belastung durch die Erkrankung wird bei Ansprechen der Therapie geringer. Die Osteocalcinspiegel steigen an und es besteht eine Korrelation zwischen Osteocalcin und C-Telopeptide-Spiegel, welcher die Osteoklastenaktivität reflektiert. Es scheint durch die Therapie zu einer Synchronisation zwischen Knochenauf- und -abbau zu kommen.
Nach den dargestellten Mechanismen müsste der Knochenstoffwechsel durch eine HAART sich eher verbessern, jedoch treten auch ossäre Komplikationen und Störungen des Knochenstoffwechsels unter HAART auf, wobei hier insbesondere den Proteaseinhibitoren, wie z. B. Crixivan (Indinavir), eine Bedeutung zukommt. Zusätzlich beeinflussen Mangelernährung, Durchfälle (Resorption) und mangelnde Exposition zu Sonnenlicht (Vitamin D) den Knochenstoffwechsel. Daneben wurde das Auftreten von Knochennekrosen und Osteopathien bei HIV-Patienten beschrieben.
Sonstige knöcherne Komplikationen bei HIV-Infektion
Osteonekrose, avaskuläre Knochennekrose: Vorkommen in Gelenknähe, Prädilektionsort Hüfte, Vorkommen aber auch in Knienähe, Schulter, Sprunggelenk und Handgelenk.. Anstieg der Fälle mit Einführung von HAART beobachtet. Ursächlich werden thromboembolische Ereignisse angenommen mit nachfolgender Ischämie, Hyperämie und erhöhtem intraossären Druck, der Osteozyten und Knochenmark schädigt. In über 70 % der Fälle sind mehrere Knochen betroffen.
Hypointenses Knochenmark: Funktionsstörung der Hämatopoese sind häufig bei HIV-Patienten, ursächlich kommt die Infektion selbst, Malignome, Anämie, antiretrovirale Medikation in Frage. Chronisch findet sich neben einer Anämie ein erniedrigtes Serumeisen und niedrige Eisenbindungskapazität bei Eisenüberladung des Knochenmarks, da die Makrophagen das Eisen nicht freisetzen können. Dies und eine Knochenmarkfibrose können im Magnetresonanztomogramm einen infiltrierenden Knochentumor vortäuschen.
Hypertrophe Osteoarthropathie: Knochenanbau mit starker periostaler Reaktion, Vorkommen an Extremitäten; Anfangsstadium: weicher neuer Knochen im Bereich der Diaphyse, der irregulär wird und sich zu Meta- und Epiphyse hin ausdehnt. Vorkommen meist bei gleichzeitigem Vorliegen einer pulmonalen Infektion wie Pneumocystis carinii, Lungentuberkulose, lymphozytäre interstitielle Pneumonitis.
Reiter-Syndrom: 100- bis 200-mal häufiger bei Personen mit AIDS als in der Normalbevölkerung. Es kann in jedem Stadium der Erkrankung auftreten und Initialsymptom sein.
Psoriatische Arthritis: 10- bis 40-mal häufiger bei HIV-infizierten Patienten.
Akute symmetrische Polyarthritis: betrifft nur HIV-Patienten, befallen sind die Gelenke der Hände. Deformitäten sind vergleichbar bei rheumatischer Polyarthrits, z. B. Schwanenhalsdeformität, ulnare Abweichung, gelenknahe Osteoporose. Im Unterschied zur CRP signifikanter Knochenanbau und negativer Rheumafaktor und akuter Beginn.
HIV-assoziierte Arthritis: subakute symmetrische Oligoarthritis, welche von einer Woche bis zu sechs Monaten anhält und nicht einer infektiösen oder rheumatischen Ätiologie zuzuordnen ist. Betrifft vorwiegend Knie- und Sprunggelenke, seltener Hände. Wahrscheinlich direkt HIV-induziert, Synovialflüssigkeit enthält keine Entzündungsreaktion, aber HIV-Viren.
Alternative Erklärung: immunkomplexvermittelt, dafür spricht, dass die Symptomatik gut auf Kortison und Antiphlogistika anspricht.
HIV-assoziierte Arthralgien: schwerste Gelenkschmerzen, welche zwischen zwei und 24 Stunden anhalten und ca. bei 10 % der Patienten mit AIDS auftreten. Am häufigsten betroffen sind die Knie, Schultern und Ellenbogen können ebenfalls betroffen sein.
Malignome
Ossäre Manifestation eines Kaposi-Sarkoms: kontinuierliche Infiltration von einer benachbarten nicht-knöchernen Läsion.
Non-Hodgkin-Lymphom: Spätstadium der Erkrankung mit Infiltration des Knochenmarks.
Differenzialdiagnose besteht meistens zwischen Infektion und Tumorinfiltration.
Verbesserung des Allgemeinzustands durch ausreichende, vitaminreiche Ernährung, Physiotherapie.
Osteonekrose: operative Sanierung und Stabilisation bei fortgeschrittenem Krankheitsgeschehen.
Kontrolluntersuchungen
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