Blutpfropfbildung
Thrombosis
Thrombose ist eine intravitale, intravasale und lokalisierte Gerinnung von Blutbestandteilen. Dies kann sowohl in den Arterien als auch in den Venen auftreten.
Die Entstehung einer Thrombose ist komplex, nach Virchow werden drei wesentliche Faktoren unterschieden:
Veränderung der Gefäßwand
Durch Entzündung (z. B. Phlebitis, Arteriitis, Endokarditis), sklerotische Veränderungen, Traumen oder hypoxische Schäden können Veränderungen an der Gefäßwand hervorgerufen werden. Thrombozyten bleiben am Endothel haften. Diese setzen zusätzlich Adenosindiphosphat (ADP) frei, das die Agglutinationsfähigkeit steigert. Bei der Agglutination der Thrombozyten wird Thrombokinase frei, dies leitet die Fibringerinnung ein.
Veränderungen des Blutstroms
Änderungen der Strömung mit Wirbelbildungen in Ausweitungen von Arterien (Aneurysmen) und Venen (Varizen) oder in Herzhöhlen führen zur Aggregation von Thrombozyten im Randstrom. Diese Thrombozyten bekommen Kontakt zum Endothel, Thrombokinase wird freigesetzt. Auch die Verlangsamung des Blutstroms bewirkt eine Agglutination der Thrombozyten (z. B. Ausfall der muskulären Förderung des venösen Blutstroms im Bein).
Veränderung der Blutzusammensetzung
Dabei resultiert ein Ungleichgewicht zwischen Gerinnung und Fibrinolyse (z. B. bei Thrombozytosen, Mangel an Inhibitoren der Gerinnung: Antithrombin III, Protein C und Protein S). Auch bei der Polycythaemia vera können Thrombosen infolge der erhöhten Viskosität entstehen. Bei malignen Tumoren können thromboplastinartige Substanzen ins Blut abgegeben werden, so dass das Thromboserisiko erhöht ist. Bei der Schwangerschaft ist der Gerinnungsfaktor VII (Proconvertin) vermehrt.
Nach der Entstehung können drei Arten von Thromben unterschieden werden:
Häufig kann es auch zu einer Kombination eines Abscheidungs- mit anschließendem Gerinnungsthrombus (so genannter gemischter Thrombus) kommen.
Sind Thromben entstanden, können sie sich durch weiteres Wachstum fortentwickeln und ausbreiten. Es können aber auch regressive Veränderungen auftreten. Sie können sich ablösen und eine Embolie verursachen.
Bei der venösen Thrombose in den Extremitäten kann es zu Schmerzen, Schweregefühl, Stauungsveränderungen mit Weichteilschwellung und Überwärmung kommen. Eventuell kann sogar Fieber auftreten. Die betroffenen Versorgungsbereiche der Venen sind druckempfindlich (z. B. Bisgaard-Zeichen, Meyer-Druckpunkte). Die klassischen Thrombosezeichen an der unteren Extremität sind die nach Homans (Wadenschmerz bei Dorsalflexion des Fußes) und nach Payr (Fußsohlendruckschmerz).
Bei der arteriellen Thrombose sind die Symptome abhängig von der Lokalisation mit blitzartigen starken Schmerzen und Ischämiezeichen (Blässe, Sensibilitätsstörung, Pulslosigkeit und Bewegungseinschränkung).
Die klinischen Symptome sind sehr unspezifisch.
Die Diagnosesicherung erfolgt durch die Doppler-Sonographie und radiologische Gefäßdarstellung (konventionelle Phlebographie oder Magnetresonanzphlebographie bei venöser Thrombose, konventionelle Angiographie, digitale Subtraktions- oder Magnetresonanzangiographie bei arteriellen Thrombosen).
Laborchemisch sollten neben den Routinewerten der Blutgerinnung und des Blutbildes die D-Dimere bestimmt werden.
Thrombophlebitis, Infektion mit phlegmonöser Reaktion, Lymphangitis, Erisypel, Muskelfaserriss.
Die Behandlung erfolgt interdisziplinär mit Internisten und gegebenenfalls Chirurgen.
Die Ziele der Therapie bei der Phlebothrombose sind die Verhinderung einer Lungenembolie und eines Fortschreitens der Thrombose sowie die Reperfusion des thrombosierten Gefäßes und Verhinderung eines postthrombotischen Syndroms.
Das Ziel der arteriellen Thrombose ist die Wiederherstellung der Perfusion.
Bei Phlebothrombose sollte ein Internist hinzugezogen werden. Anlage eines Kompressionsverbands an der betroffenen Extremität, Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin (gewichtsadaptiert, subkutan) bzw. mit unfraktioniertem Heparin (initial 5.000 IE intravenös, dann 25.000–50.000 IE entsprechend laborchemischem PTT-Wert, d. h. 1,5- bis 2,5-fach, intravenös).
Bei arterieller Thrombose sollte ein Gefäßchirurg (chirugische Zeitgrenze bei Ischämiesyndrom sechs bis maximal 10 Stunden) hinzugezogen werden. Intravenöse Gabe von Heparin 5.000 IE bzw. von Analgetika, Schockprophylaxe, betroffene Extremität tief lagern.
Bei der Phlebothrombose besteht die Indikation zur Thrombektomie bei flottierendem Thrombus, segmentaler Oberschenkel- oder Beckenvenenthrombose, Phlegmasia coerulea dolens oder bei Zustand nach erfolgloser Lyse.
Bei der arteriellen Thrombose besteht die Indikation zur Thrombektomie bei komplettem Ischämiesyndrom notfallmäßig.
Die Komplikationen der Phlebothrombose sind die Lungenembolie und das postthrombotische Syndrom. Bei der arteriellen Thrombose kann es zum Tourniquet-Syndrom mit vitaler Bedrohung, bei Viszeralgefäßen zum paralytischen Ileus mit Darmnekrose, an Extremitäten zum Kompartmentsyndrom durch postischämisches Ödem kommen.
Eine Rezidivprophylaxe mit medikamentöser Antikoagulation ist erforderlich und sollte durch einen Internisten abgeklärt werden.
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