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Ehlers-Danlos-Syndrom

Synonyme

Fibrodysplasia elastica generalisata congenita

Englischer Begriff

Ehler-Danlos syndrome

Definition

Das Ehlers-Danlos-Syndrom stellt eine Gruppe seltener hereditärer Bindegewebserkrankungen mit unterschiedlichen geno- und phänotypischen Varianten dar, bei der eine Störung der Kollagensynthese vorliegt. Die Benennung erfolgt nach Edvard E. Ehlers, Dermatologe aus Kopenhagen (1863–1937), und Henri A. Danlos, Dermatologe aus Paris (1844–1912).

Vorkommen

Hinter dem Begriff des Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) verbirgt sich eine Gruppe vererblicher Erkrankungen mit autosomal-dominantem, autosomal-rezessivem oder X-chromosomalem Vererbungsmodus. Da Bindegewebe überall im Körper vorkommt, sind die Symptome sehr vielfältig und reichen von überdehnbarer, leicht verletzbarer Haut über überbewegliche Gelenke bis hin zum Reißen der inneren Organe und der Gefäße. Befallen sind hauptsächlich Haut und Gelenke neben Bändern, Blutgefäßen (Aneurysma dissecans, vasogene Blutungen, Arterienrupturen), Augen (Blauverfärbung der Skleren, Linsenektopie, Linsenluxation, Myopie) und den inneren Organen. Klinisch zeigt sich eine höhere Verletzlichkeit der Haut sowie überstreckbare Gelenke, die Blutungsneigung steigt an, es kann zu Minderwuchs und zu Netzhautablösungen kommen. In der Bundesrepublik leiden nur ca. 200 Patienten daran. Das auf den ersten Blick auffälligste Zeichen der Erkrankung ist eine starke Überstreckbarkeit der Gelenke und eine sehr starke Dehnbarkeit der Haut („Hyperelastizität“). Durch die starke Überstreckbarkeit der Gelenke kommt es zu einer vermehrten Anfälligkeit für Verletzungen und Verrenkungen (Luxationen) sowie zu Entzündungen (Arthritis), außerdem zu starken Schmerzen. Die Diagnose wird durch eine Gewebeprobe des Bindegewebes und die nachfolgende elektronenmikroskopische Untersuchung gestellt. Gewisse Akutkliniken sind diesbezüglich besonders spezialisiert (z. B. Köln, Münster und Berlin). Spezialisiert auf die elektronenmikroskopische Untersuchung auf das Ehlers-Danlos-Syndrom ist u. a. das Institut für Ultrastrukturforschung in Heidelberg.

Insgesamt gibt es zehn Subtypen:

Die Typen I–III treten am häufigsten auf und sind durch eine autosomal-dominante Vererbung, einen unbekannten biochemischen Defekt sowie eine unterschiedliche Ausprägung der klinischen Symptome wie Hyperelastizität und erhöhte Verletzlichkeit der Haut sowie Hyperflexibilität der Gelenke gekennzeichnet. Beim Typ I sind die klassischen Symptome durchweg stark ausgeprägt, bei Typ II gering ausgeprägt, und bei Typ III liegt eine generalisierte ausgeprägte Hyperflexibilität der Gelenke mit geringen Hautveränderungen vor. Typ I und II werden auch als klassischer Typ bezeichnet, Typ III als hypermobiler Typ.

Dagegen unterscheidet sich EDS-Typ IV (vaskulärer Typ) von den meisten anderen Typen, da hier die Haut nicht überdehnbar, sondern viel mehr sehr dünn und leicht verletzlich ist. Die Prognose wird zudem durch Rupturen innerer Organe deutlich verschlechtert. Es findet sich eine dünne durchscheinende Haut, ausgeprägte Hämatomneigung, Überbeweglichkeit der kleinen Gelenke, Beteiligung der inneren Organe und Gefäße.

EDS-Typ V wird X-chromosomal vererbt. Er zeichnet sich durch hyperelastische Haut aus. Es wurde eine Störung der Lysinoxidase beschrieben.

Bei EDS-Typ VI (kyphoskoliotischer Typ) liegt eine Störung der Lysinhydroxylase vor. Die Patienten zeigen eine mittlere bis starke Überdehnbarkeit der Haut, abnorme Wundheilung, starke Überbeweglichkeit der Gelenke sowie Augenveränderungen, Beteiligung der inneren Organe und Kyphoskoliose.

Beim EDS-Typ VII (Arthrochalasie Typ A und B) finden sich Überstreckbarkeit der Gelenke und das Auftreten von Luxationen (insbesondere an der Hüfte) sowie eine ausgeprägte Überbeweglichkeit der Gelenke. Der Typ VII C (Dermatosparaxis) zeigt eine sehr schlaffe Haut, deutliche Überbeweglichkeit der Gelenke und eine Beteiligung der inneren Organe.

Der EDS-Typ VIII wird autosomal-dominant vererbt und ist vor allem durch eine schwere Periodontose mit frühzeitigem Zahnverlust gekennzeichnet.

Beim EDS-Typ IX liegt eine Störung des Kupferstoffwechsels vor, wobei klinisch okzipitale Exostosen und Hernien imponieren.

Beim EDS-Typ X findet sich eine erhöhte Hautverletzlichkeit mit überdehnbarer Haut und Hyperflexibilität der Gelenke bei einem nachgewiesenem Fibronektindefekt.

Diagnostik

Ärztliche Untersuchungsergebnisse und die medizinische und familiäre Vorgeschichte stützen die Diagnose. Bei klinischem Verdacht eines Patienten, an einem Ehlers-Danlos-Syndrom zu leiden, empfiehlt sich ein biochemischer Nachweis spezifischer Enzymdefekte. Eine Hautbiopsie (möglichst oberhalb des Ellenbogens) kann die chemische Struktur des Kollagens in der Haut prüfen. Hierbei kann in der Regel der jeweilige EDS-Typ durch ein elektronenmikroskopisches Labor und Molekularbiologie (Morgenurin bei Verdacht auf EDS-Typ VI) ermittelt werden.

Eine pränatale Diagnostik ist durch Chorionzottenbiopsie oder Amnionzentese möglich.

Differenzialdiagnose

Marfan-Syndrom, Osteogenesis imperfecta und Blutungsneigungen sind die Hauptdifferentialdiagnosen. Chondrodysplasie, Epidermolysis bullosa und Alport-Syndrom gehören ebenfalls zu den Bindegewebserkrankungen.

Therapie

Symptomatisch; rasche chirurgische Evaluation bei Verdacht auf Arterienruptur, verzögerte Klammerentfernung nach chirurgischen Eingriffen, gegebenenfalls chirurgische Versorgung bei rezidivierenden Gelenkluxationen. Bei EDS-Typ IV kann Askorbinsäure eventuell unterstützend wirken. Eine humangenetische Beratung betroffener Familien ist angezeigt.

Nachsorge

Siehe Therapie.

Autor

Johannes Mortier

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