Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Polymyositis

Englischer Begriff

Polymyositis

Definition

Organspezifische Autoimmunerkrankung, welche mit Paresen der proximalen Muskulatur einhergeht.

Pathogenese

Inzidenz: 5–10 : 1.000.000 Einwohner. T-Zell-vermittelte Autoimmunreaktion gegen intakte Muskelfasern, welche zur Myozytolyse führen. Chronisch progredienter oder schubförmiger Verlauf.

Symptome

Proximal betonte Paresen bei erhaltener Sensibilität; häufig, aber nicht obligat vorkommende Myalgien; in 25–50 % der Fälle Arthralgien; Dysphagie und Schlucklähmung möglich, ebenso Schwäche der Kopfbeuger; bei langsamem Verlauf möglicherweise atypische Verläufe mit axialen Formen und Skoliose und eventuell Vorkommen der Atemlähmung (betreffende Interkostalmuskulatur).

Diagnostik

Neurologische Untersuchung: Muskeleigenreflexe trotz Paresen meist auslösbar.

Labordiagnostik: Erhöhung der Muskelenzyme (CK, LDH, GOT, GPT, Aldolase) und des Myoglobins in Serum, BSG nur bei ca. 50 % der Patienten beschleunigt, Differentialblutbild, Borrelienantikörper, ACE im Serum, Autoantikörper (ANA, Rheumafaktoren, MI-2SM, JO-1, PM-SCL), CK und CRP.

Elektromyographie: typische myopathische Veränderungen, daneben häufig Zeichen der Denervierung wie Fibrillationen, positiv scharfe Wellen und Komplexe repetitiver Entladungen als pathologische Spontanaktivität.

Magnetresonanztomographie der Muskulatur: hyperintense Signale in der T2-Gewichtung als Zeichen des Ödems.

Muskelbiopsie: zur Diagnosesicherung entzündliche Zellinfiltrationen in den Faszien, vorwiegend aus CD8-positiven T-Zellen, daneben nekrotische Muskelfasern.

Muskelsonographie: ödematös verändertes Muskelgewebe.

Differenzialdiagnose

Virale Infektion der Muskulatur durch Coxsackievirus, Influenza-A- und -B-Virus, Adenoviren, Herpes-simplex-Virus, Epstein-Barr-Virus, Parainfluenzaviren; chronische Entzündung durch HIV oder Echoviren; Parasitosen, Zystizerkose (Weichteilverkalkung im Nativröntgen), Trichinose (Eosinophilie im Blutbild), Toxoplasmose, bakterielle Myositis, Abszess oder Phlegmone bei Tuberkulose, erregerinduzierte Vaskulitiden bei Borreliose (Diagnostik der erregerbedingten Myositis durch serologischen Antikörpernachweis), Intoxikationen durch Medikamente (z. B. Lipidsenker oder Alkohol), metabolisch bedingte Myositiden.

Therapie

Medikamentöse Therapie

Kortikoide (Mittel der ersten Wahl Prednisolon 100 mg/Tag oral) rasche Senkung der CK, geht meist der klinischen Besserung voraus, Dauer der Hochdosistherapie drei bis vier Wochen, danach langsame Reduktion; frühe Kombination mit Immunsuppressiva, z. B. Azathioprin oder Methotrexat, möglich.

Die Therapie muss bei klinisch stabilem Zustand mindestens für ein Jahr wegen der Rezidivgefahr fortgesetzt werden.

Bei therapierefraktärer Polymyositis intravenöser Einsatz von Immunglobulinen.

Bewertung

Bei ausreichend langer und ausreichend hochdosierter Therapie gute Besserung der klinischen Symptome.

Autor

Iris Reuter