Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Analgetika

Synonyme

Schmerzlindernde Medikamente

Handelsnamen

ASS, Voltaren, ben-u-ron, Dolantin

Anwendungsgebiete/Indikationen

Akute und chronische Schmerzen.

Dosierung

Je nach Substanz unterschiedliche Dosierungen.

Darreichungsformen

Sowohl oral verabreichbare Darreichungsformen wie Tabletten oder Kapseln als auch parenterale Applikation in Form von subkutanen, intramuskulären oder intravenösen Injektionen.

Wirkmechanismus

Unterschiedliche Wirkungsweisen je nach Substanzklasse: bei den peripher wirkenden Analgetika (z. B. Azetylsalizylsäure, Paracetamol, nicht-steroidale antiinflammatorische Analgetika) in der Regel periphere Cyclooxygenasehemmung und verminderte Bildung des schmerzauslösenden Prostaglandin E2. Bei den peripheren Analgetika unterscheidet man die analgetische, also schmerzlindernde Wirkung, von der antipyretischen (fiebersenkenden) und antiphlogistischen (abschwellenden) Wirkung. Nicht-steroidale antiinflammatorische Substanzen (non-steroidal antiinflammatory drugs = NSAID) wie beispielsweise das Diclofenac haben eine stärker ausgeprägte antiphlogistische Wirkung, die der Acetylsalicylsäure (ASS) und dem Paracetamol fehlt. Bei den zentral wirksamen Opiaten ist die agonistische Wirkung an Opioidrezeptoren des Zentralnervensystems unterschiedlich stark ausgeprägt: Morphium und das kurz wirksame Pethidin haben eine sehr starke Wirkung, eine weniger starke agonistische Wirkung haben das Tramadol oder das Piritramid (siehe Tabelle 1 und Tabelle 2).


Tabelle 1.
Stufenschema der Behandlung chronischer Schmerzzustände nach Empfehlung der WHO.

Stufe 1

peripheres Analgetikum

Stufe 2

peripheres Analgetikum

+ niederpotentes Opioid

ggf. + Koanalgetika

ggf. + Adjuvantien

Stufe 3

peripheres Analgetikum

+ hochpotentes Opioid

ggf. + Koanalgetika

ggf. + Adjuvantien



Tabelle 2.
Erläuterung zum Stufenschema.

Gruppe

Beispiele

Peripher wirksame Analgetika

ASS

Paracetamol

NSAID

Niederpotente Opioide

Kodein

Tramadol

Tilidin

Hochpotente Opioide

Morphin

Buprenorphin

Levomethadon

Koanalgetika

Neuroleptika

Antidepressiva

Adjuvantien

Protonenpumpenhemmer

Laxantien


Pharmakokinetik

Je nach Substanzklasse unterschiedliche Pharmakokinetik: In der Regel gute Bioverfügbarkeit der peripher wirksamen Analgetika nach oraler Gabe. Es gibt peripher wirksame Analgetika mit relativ kurzer Halbwertszeit (z. B. ASS, Diclofenac), andere peripher wirksame Analgetika haben zum Teil sehr lange Halbwertszeiten (Naproxen), was sie schlechter steuerbar macht und zur Akkumulation führen kann. Die Bioverfügbarkeit von Opiaten ist nach oraler Gabe deutlich schlechter, beim Morphium etwa 30 % verglichen mit parenteraler Gabe. Dies bedeutet, dass man beim Umstellen einer bisher erfolgten intravenösen Behandlung mit Opiaten auf eine orale Darreichungsform für das Erreichen gleicher Effekte Tabletten oder Kapseln höher dosieren muss. Bei den zentral wirksamen Analgetika vom Typ der Opiate relativ kurze Plasmahalbwertszeiten von drei Stunden.

Kontraindikation

An den Bronchien ist der Bronchospasmus eine ernste Nebenwirkung, weshalb die Gabe dieser Substanzen bei Asthmatikern – je nach Schweregrad – kontraindiziert ist oder nur mit großer Vorsicht geschehen darf. Aufgrund einer Hemmung der Nierendurchblutung ist die Gabe der peripher wirksamen Analgetika bei Niereninsuffizienz kontraindiziert.

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen der peripher wirksamen Analgetika sind vielfältig, weshalb ihre Anwendung über längere Zeit oft problematisch ist. Am häufigsten treten gastrointestinale Beschwerden im Sinne von Unwohlsein, Übelkeit, Erbrechen und Durchfällen auf, gefolgt von ernsten Arrosionen der Magenschleimhaut mit der Möglichkeit der Bildung von peptischen Ulzera. Leberfunktionsstörungen mit Erhöhung der Transaminasen sind ebenfalls relativ häufig. Auch die Opiate haben eine Reihe ernster Nebenwirkungen, wobei insbesondere bei langfristiger Anwendung das Suchtpotential zu erwähnen ist. Bei der akuten Anwendung ist insbesondere die stark sedierende und atemdepressive Wirkung von Bedeutung, die bei der postoperativen Gabe hoher Opiatdosen eine engmaschige Überwachung der Patienten erforderlich macht. Bei chronischer Anwendung sind Obstipation und Übelkeit häufige Nebenwirkungen.

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen der peripher wirksamen Analgetika sind vielfältig; an dieser Stelle muss auf die jeweiligen Substanzen verwiesen werden. Bei den Opiaten sind generell Interaktionen mit Barbituraten, Antidepressiva (z. B. Amitriptylin) und dem Antibiotikum Rifampicin von klinischer Relevanz.

Autor

Nils Hailer