Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Radius, Aplasie, Defekte, Hypoplasie

Synonyme

Ektromelie; Partielle Radiusaplasie; Totale Radiusaplasie; Radiale Klumphand

Englischer Begriff

Radial aplasia

Definition

Angeborene Fehlbildung der oberen Extremitäten mit teilweisem oder vollständigem Fehlen des Radius.

Pathogenese

Longitudinale Fehlbildung durch Störung im Rahmen der fetalen Entwicklung durch endogene oder exogene Noxen, meist zwischen der dritten und achten Woche. Bei der Radiusaplasie handelt es sich um eine longitudinale Fehlbildung vom distal-radialen Typ (Nebenstrahl des Arms).

Symptome

Die radialen Strahldefekte treten in ihrer leichtesten Ausprägung in einer Hypoplasie des Daumens oder einer Rückbildung der radialen Handwurzelknochen zu Tage. Eine partielle Aplasie oder das komplette Fehlen des Radius führt immer zu einer begleitenden radialen Klumphand. Mitunter bildet sich auch eine unterentwickelte Ulna. Mit zunehmendem Radiusdefekt wandert die Hand in eine zunehmende Klumphandstellung, im Extremfall bei völligem Fehlen des Radius steht die Hand spitzwinklig zum Unterarm.

Diagnostik

Klinisches Erscheinungsbild, Röntgendiagnostik.

Differenzialdiagnose

Kongenitale Arthrogrypose, radioulnare Synostose.

Therapie

Im Kleinkind- und Schulalter sind Redressement- und Korrekturschienen als vorbereitende Maßnahmen für einen späteren knöchernen Eingriff nach Abschluss der Wachstumsphase anzusehen. Bezüglich der operativen Behandlung der Klumphand gibt es unterschiedliche Meinungen. Als erster Eingriff kommt eine Verlängerung der konkavseitigen Weichteile (Sehnen) in Betracht. Der nächste Schritt besteht in einer Verkürzungsosteotomie der Ulna bzw. einer Versteifung des Handgelenks mit Unterstellung der Elle in die Handwurzel, um eine gerade Stellung der oberen Extremität zu erreichen. Bei vollständigem Fehlen des Radius kann es zusätzlich zu einer Streckstellung im Ellenbogengelenk kommen, weshalb dann auf eine Korrektur der Klumphand eventuell verzichtet werden muss. Eine weitere Kontraindikation zur Operation stellt eine radioulnare Synostose dar, bei der die Hand nur in Klumphandposition zum Mund geführt werden kann.

Autor

Bernhard Greitemann

FA Orthopädie, Physikalische und rehabilitative Medizin, Chefarzt und Ärztlicher Direktor Klinik Münsterland am Reha-Klinkum Bad Rothenfelde der DRV
Vorsitzender Vereinigung Techn. Orthopädie der DGOU und DGOOC
Vorsitzender Beratungsausschuss der DGOOC für das Orthopädieschuhtechnikhandwerk