Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Retentionsbehandlung

Synonyme

Fettweis-Gips; Erlanger Beuge-Spreiz-Orthese; Pavlik-Bandage; Hoffmann-Daimler-Bandage; Repositionsbandagen; Repositionsorthese

Englischer Begriff

Retention treatment

Definition

Einstellung des Hüftkopfs in die Pfanne in günstiger Position bei allen deutlich dysplastischen oder instabilen, ehemals luxierten und reponierten Hüftgelenken (Stadium IIa, IIb, IIc, III, IV nach Graf), bis die Ossifikationsstörung der Pfanne ausgeheilt ist.

Indikation

Kongenitale Hüftgelenkdysplasie und -luxation.

Kontraindikation

Nicht-reponierbare Hüftgelenke (Repositionshindernis), eitrige Koxitis.

Durchführung

Nach der Reposition ist die Retention der zweite Behandlungsschritt der Hüftdysplasie. Zur Retentionsbehandlung stehen Bandagen, Orthesen und Gipsverbände zur Verfügung. Prinzip ist es, die Hüftgelenke über 90° zu flektieren und nur mäßig abzuspreizen. Als Richtwerte gelten 110–120° bei ehemaliger Dislokation und 100–110° bei dysplastischen, mäßig instabilen Gelenken. Die Abduktion sollte 40–60° nicht überschreiten, um das Risiko einer Kopfnekrose zu mindern. In der Regel ist eine Retentionsphase von vier bis sechs Wochen erforderlich, u. U. aber auch mehrere Monate.

Bei sehr instabilen Verhältnissen hat sich der Fettweis-Gips bewährt. Dieser Becken-Bein-Gips retiniert die Hüftgelenke zuverlässig in Sitz-Hock-Stellung. Über den Hüftköpfen kann ein Fenster zur sonographischen Kontrollmöglichkeit angelegt werden. Die Entscheidung für einen Fettweis-Gips sollte auch bei mangelnder Compliance der Eltern fallen.

Die Pavlik-Bandage ist ebenso zur Retention geeignet, allerdings nur bis etwa zum neunten Lebensmonat. Nachteilig ist die komplizierte Handhabung und Reinigung (Textilbandagen).

Alternativ bieten sich die Tübinger Schiene oder die Erlanger Beuge-Spreiz-Orthese an. Diese konfektionierten Orthesen bestehen aus leicht zu reinigenden Kunststoff- und Leichtmetallelementen, sind einfach an- und abzulegen und erlauben eine Flexion von über 90° bei limitierbarer Abduktion.

Das „ABC“ der Dysplasiebehandlung:

  • „A“: mäßige Abspreizung zur Vermeidung einer Hüftkopfnekrose (40–60°),
  • „B“: Beugung betont (> 90°),
  • „C“: Compliance der Eltern wichtig.

Nachbehandlung

Engmaschige sonographische Kontrollen (alle zwei bis vier Wochen je nach Ausgangssituation und Verlauf), Kontrolle auf Hautläsionen, Druckstellen, Passform der Bandagen bzw. Orthesen (Wachstum!).

Autor

Rolf Haaker, Michael Kamp

Email: r.haaker@khwe.de
http://www.khwe.de
https://www.klinik-bewertungen.de.../erfahrung-mit-st-vincenz-hospital-brakel
Prof. Dr. R. Haaker
CA der Klinik für Orthopädie,
Rheumatologie, Traumatologie
Schwerpunkte: Primär- und Wechselendoprothetik,aller großen Gelenke; Fuß-, Kinder-, Rheumaorthopädie
Sportverletzungen, Wirbelsäulenerkrankungen