Engelhardt (Hrsg.) Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie |
Hirnentzündung
Encephalitis
Entzündung der weißen und/oder grauen Substanz des Gehirns, teilweise mit Beteiligung der Meningen (Meningoenzephalitis).
Akute Enzephalitis:
Eine Enzephalitis kann immunologisch oder direkt erregerbedingt verursacht werden: Para- oder postinfektiöse Enzephalitiden werden durch Antikörperbildung bei einer Virusinfektion verursacht und zeigen perivenöse Infiltrate; postvakzinale Enzephalitis als akute demyelinisierende Enzephalitis. Erregerbedingte Enzephalitiden sind vorwiegend direkt durch Viren erzeugt und zeigen einen zytotoxischen Effekt. Beide Arten der Enzephalitis können gemeinsam vorliegen. Wichtige Erreger einer Enzephalitis: Herpes-simplex-Virus, Herpes-zoster-Virus, Arbo-, Entero-, Masern-, Mumpsviren, EBV, HIV, selten LCM-Virus. Die Enzephalitis geht häufig mit einer meningealen oder spinalen Beteiligung einher (Meningoenzephalitis oder Enzephalomyelitis oder Meningomyeloradikulitis).
Erregerbedingte Enzephalitiden können auch bakteriell verursacht sein, insbesondere bei embolischen Herdenzephalitiden (kleine septische Thromben): vorwiegend Strepto- und Staphylokokken; bei Immunsuppression: Listerien, Nocardien (bilden auch Hirnabszesse); Kryptokokken (Mykosen); Protozoen (Toxoplasmose). 50 % der Enzephalitiden sind unklarer Genese.
Chronische Enzephalitis:
Slow-Virus-Infektionen: subakute sklerosierende Panenzephalitis, HIV-Enzephalitis; chronische bakterielle Erkrankungen: Morbus Whipple, Neurosyphyllis, Neuroborreliose; systemische entzündliche Erkrankungen: Neurosarkoidose, rheumatische Erkrankungen, Kollagenosen; immunologisch: multiple Sklerose; rekurrierende Enzephalitiden z. B. bei Herpes-simplex-Infektionen.
Akute Enzephalitiden:
Der Erkrankung geht häufig ein Prodromalstadium mit allgemeinem Krankheitsgefühl, hohes Fieber und Kopfschmerzen einher. Später können Bewusstseinstrübung, fokale neurologische Defizite wie Lähmung, Sprachstörung, epileptische Anfälle und Hirndruck hinzutreten.
Chronische Enzephalitiden:
Neurologische Ausfälle, epileptische Anfälle und Wesensänderungen sind häufig führend.
Anamnese; klinisch-neurologische Untersuchung: Nackensteifigkeit nur bei meningealer Beteiligung.
Kraniale Magnetresonanztomographie: Frage der Hirnschwellung und Kontrastmittelanreicherung, häufig ergänzt durch spinale Magnetresonanztomographie. Herpes-simplex-Infektionen verursachen häufig temporal hyperdense Läsionen, para- und postinfektiöse Enzephalitiden eher Marklagerläsionen, welche sich in T2 hyperdens und in T1 hypodens darstellen und eine Kontrastmittelanreicherung zeigen. Limbische Enzephalitis (isolierte Erkrankung der Temporallappen, meist paraneoplastisch): isolierte Veränderung der Temporallappen in der Magnetresonanztomographie.
Elektroenzephalographie: häufig Herdbefunde und Verlangsamung des Grundrhythmus. Typische Muster finden sich bei den somatosensorisch evozierten Potentialen mit periodischen hochgespannten Komplexen, bei Herpes-simplex-Infektionen mit temporal steilen Wellen und bei der Jacob-Creutzfeld-Erkrankung mit triphasischen Wellen.
Liquoranalyse: Pleozytose, häufig Eiweißerhöhung, Liquorzucker im Normbereich.
Virologie/Mikrobiologie: Antikörpernachweis oder direkter Nachweis (PCR) der Erreger bzw. Kulturanlage.
Hirnbiopsie
Bakterielle Infektionen, metabolische Stoffwechselerkrankung, Intoxikationen, Sinusvenenthrombosen, Vaskulitiden, nicht-organische Psychosen.
Analgetika, Fiebersenkung, Flüssigkeitsgabe.
Antivirale Therapie mit Aciclovir, Foscavir plus antibiotische Abdeckung. Bei immunologisch verursachten Erkrankungen Immunglobuline bzw. Kortison.
Antibiose bei bakteriellen Erkrankungen, Fungizide bei Pilzinfektionen, Protozoenerkrankungen, Wurmerkrankungen: Clont, Pyrimethamin, Clindamycin.
Immunologische Erkrankungen: Kortison, Immunsuppressiva.
Bei Abszessbildung; Shuntanlage bei Hydrozephalusausbildung.
Unterschiedlich, von vollständiger Wiederherstellung bis zu schweren Residualsyndromen. Bei Herpes-simplex-Infektionen besteht z. B. noch immer eine Mortalität von 20 %. Eine Rehabilitation ist meistens indiziert.
Rehabilitation