Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Epiduralanästhesie

Synonyme

Periduralanästhesie; PDA

Englischer Begriff

Epidural anaesthesia; Epidural block; Peridural anaesthesia; Peridural block

Definition

Die Epiduralanästhesie ist ein Verfahren der Leitungsanästhesie, bei dem Lokalanästhetika allein (oder in Kombination mit Opioiden) in den zervikalen (selten), thorakalen oder lumbalen Epiduralraum injiziert werden. Dies führt zu einer reversiblen segmentalen sympathischen, sensorischen und motorischen Nervenblockade an den Wurzeln der Spinalnerven. Man unterscheidet die Einzelinjektionstechnik (heute selten) von der Kathetertechnik, die Repetitionen der Lokalanästhetika oder Opioide ermöglicht bzw. bei der die gewählten Analgetika per infusionem verabreicht werden oder bei der die Patienten über eine spezielle Pumpe die Dosierung des epiduralen Schmerzmittels selbst steuern können (patient controlled epidural anaesthesia = PCEA). Im Vergleich zur Spinalanästhesie ist die Epiduralanästhesie technisch schwieriger mit höherer Versagerquote. Die Anschlagzeit bis zur Wirkung des Blocks beträgt etwa 20–30 min.

Indikation

Operative Eingriffe im Bereich der unteren Körperhälfte, operative Eingriffe im Bereich des Thorax und des Oberbauchs (meist kombiniert mit einer Allgemeinanästhesie), geburtshilfliche Anästhesie und Analgesie, akute (z. B. perioperative) und chronische Schmerztherapie im Bereich des Thorax, des Abdomen, des Urogenitaltrakts und der unteren Extremitäten, diagnostische und therapeutische Sympatikolyse.

Kontraindikation

Absolute Kontraindikationen: Ablehnung des Verfahrens durch den Patienten, Infektionen oder Tumore im Bereich der Punktionsstelle, Allergie auf Lokalanästhetika, Gerinnungsstörungen, therapeutische Antikoagulation, aktuelle Blutungen, erhöhter Hirndruck.

Relative Kontraindikationen: Fehlende Kooperation des Patienten, Lagerungsprobleme, generalisierte Infekte und Sepsis, neurologische Vorerkrankungen, Zustände nach rückenmarksnahen Operationen (z. B. Laminektomien), Deformitäten der Wirbelsäule, akuter Diskusprolaps, unkorrigierte Hypovolämie/Hypotonie.

Durchführung

Der Patient sitzt entspannt mit herausgedrücktem Rücken („Katzenbuckel“) auf dem Operationstisch. Die Unterarme sollten auf den Oberschenkeln ruhen und der Kopf sollte auf die Brust gesenkt sein, damit die Zwischenwirbelräume optimal dargestellt werden. Wird die Punktion in Seitenlage durchgeführt, sollten sich Kopf und Knie optimal annähern (mithilfe der Assistenz). Zur Bestimmung der Punktionshöhe können die knöchernen Landmarken der Wirbelsäule (Dornfortsatz des Vertebra prominens C7), des Unterrands der Schulterblätter (TH 7) bzw. der Oberkanten des Beckenkamms (L4) herangezogen werden. Punktiert wird der Epiduralraum heute vor allem mit einer Hohlnadel mit abgerundeter Spitze und seitlicher Öffnung (Tuohy-Nadel), wodurch das Risiko einer versehentlichen Duraperforation vermindert wird. Die Identifikation des Epiduralraums geschieht meist mithilfe der „Widerstandsverlustmethode“. Dazu wird die Tuohy-Nadel mit gleichmäßigem Stempeldruck auf eine aufgesetzte Kochsalzspritze langsam vorgeschoben. Bei Eindringen der Kanülenspitze in das Lig. flavum verspürt man über den Stempeldruck einen verstärkten Widerstand, der bei Durchtritt der Kanülenspitze durch das Lig. flavum plötzlich deutlich nachlässt. Durch die Tuohy-Nadel wird dann der Periduralkatheter 4–5 cm in den Epiduralraum vorgeschoben, an der Haut fixiert und mit einem Bakterienfilter versehen.

Nachbehandlung

Patienten mit einem epiduralen Schmerzkatheter müssen von einem Akutschmerzdienst betreut oder auf einer Intensivüberwachungsstation behandelt werden, damit Komplikationen wie hohe Epiduralanästhesie, Perforation des Katheters nach intravasal oder subarachnoidal, Atemdepression oder schwere Kreislaufdepression frühzeitig erkannt und behandelt werden können. Erfahrungsgemäß kann der Epiduralkatheter etwa am zweiten oder dritten postoperativen Tag bei deutlich gesunkenem Schmerzniveau entfernt werden. Die Entfernung und die Prüfung auf Vollständigkeit des Katheters müssen (im Schmerzprotokoll) dokumentiert werden.

Autor

Peter Teschendorf