Engelhardt (Hrsg.) Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie |
Luxation der Peronealsehnen; Fibularissehnenluxation
Dislocation of the peroneal tendons; luxation of fibular tendons
Luxation und Subluxation der Peronealsehnen (Sehnen des M. peroneus brevis und des M. peroneus longus) aus ihrer distalen retromalleolären Rinne.
Die Ursachen der Peronealsehnenluxation können traumatisch, posttraumatisch oder habituell sein. Die häufigste Ursache ist die traumatische Verletzung des superioren Peronealsehnenretinakulums (SPR) mit dem assoziierten fibrokartilaginären Randwall an der dorsolateralen Fibula, welche die maßgeblichen Stabilisatoren der Sehnen darstellen. Posttraumatisch-indirekten Einfluss auf den Verlauf der Peronealsehnen haben Malunionen der Fibula und besonders des Kalkaneus. Nach Kalkaneusfrakturen kommt es häufig zu einer Verbreiterung und Verkürzung des Kalkaneus und damit zu einem veränderten subluxierten Verlauf der Sehnen. Zudem führt die Verkürzung des Kalkaneus zu einer relativen Sehneninsuffizienz. Habituelle Peronealsehnenluxationen werden in Verbindung zum Alpinski und Reitsport beschrieben. Bei beiden Sportarten werden SPR und der Randwall durch die dauerhafte Dorsalextension im oberen Sprunggelenk und Rückfußeversion (beim Reiten) belastet. Einige Autoren berichten über eine anatomische Disposition zur Peronealsehnenluxation. So ist die Fibula im günstigen Fall leicht konkav geformt zur Aufnahme der Sehnen in ihre Rinne. In vielen Fällen ist diese Konkavität der Fibularückfläche weniger ausgeprägt und manchmal auch konvex geformt, so dass diese Individuen bereits bei geringem Trauma eine Peronealsehnenluxation erleiden.
Retromalleoläre Schmerzen am lateralen Sprunggelenk. Instabilitätsgefühl und rezidivierendes „Schnappen“ der Sehnen, als Zeichen der Luxation, besonders beim Gehen bzw. Laufen auf unebenem Untergrund. Klinisch zeigt sich eine Druckdolenz im Verlauf der Peronealsehnen und der Hinterkante der Fibula. Dies können Zeichen einer begleitenden Tenosynovialitis, Längsrupturläsion oder eines verletzten SPR sein. Funktionstests mit Rückfußeversion und Vorfußpronation gegen Widerstand können das Ausmaß der Instabilität provozieren.
Röntgenbilder unter Belastung schließen Frakturen des Sprunggelenks aus. In einigen Fällen zeigt sich eine abgesprengte Knochenschuppe an der dorsolateralen Spitze der Fibula. Dabei handelt es sich um einen knöchernen Ausriss des superioren Peronealsehnenretinakulums (siehe auch Peronealsehnenruptur).
Ultraschall und Magnetresonanztomographie sind sensitive und spezifische Verfahren. Rupturen, Teilrupturen, Dislokationen, Tenosynovitiden der Peronealsehnen können sicher unterschieden werden.
Verletzungen und Tenosynovitiden der Peronealsehnen, ossäre und ligamentäre Verletzungen des Sprunggelenks.
Initial führt bei einer akuten Dislokation der Peronealsehnen eine konservative Therapie mit Sohlenkontakt ohne Belastung in einem Gehgips in über 50 % der Fälle zu einer Heilung. Anschließend schrittweiser Übergang zur Vollbelastung und ehemaligen Aktivität und zur Physiotherapie.
Siehe oben.
Lokale symptomatische Therapie mit Antiphlogistika.
Falls bei traumatischen oder chronisch-habituellen Luxationen nach strikter konservativer Therapie mit Entlastung und Physiotherapie eine bleibende Instabilität der Peronealsehnen vorliegt, besteht die Indikation zur Operation. Es gibt in der Literatur viele Methoden zur Stabilisierung. Grundsätzlich werden drei verschiedene Ziele verfolgt:
Rekonstruktion des SPR mit/ohne Augmentation:
Direkte Rekonstruktion nach Klassifikation der SPR-Verletzung nach Eckert und Davies (siehe Tabelle 1). Augmentationen dieser direkten Rekonstruktion können mit einer Sehnenschlinge der Achillessehne, der Sehne des M. peroneus brevis, der Sehne des M. peroneus quartus oder einem Periostlappen erreicht werden. Postoperativ schließt sich eine vier- bis achtwöchige Phase der Entlastung im Gehgips an.
Grad |
Verletzung SPR |
Operation |
I |
Avulsion in Kontinuität mit dem Periost |
Naht und Raffung des SPR an den fibrokartilaginären Randwall |
II |
Avulsion des fibrokartilaginären Randwalls (ähnlich der Bankert-Läsion der Schulter) |
transossäre Naht des SPR mit Randwall an die Fibula |
III |
ossärer Ausriss des SPR mit Randwall und Knochen |
Refixierung mit Kirschner-Draht oder Schraube |
Transferoperationen der Peronealsehnen:
Peronealsehnentransfer unter das Lig. calcaneofibulare lateralis wurden erreicht durch:
Im Anschluss gleiche postoperative Therapie wie oben beschrieben.
Operative Vertiefung des knöchernen Sulkus der dorsalen Fibula:
Vertiefung des knöchernen Sulkus der dorsalen Fibula kann indirekt durch eine Osteotomie der distalen Fibula in sagittaler Richtung und Verschiebung um 5–6 mm nach dorsal (Kelly-Operation) oder durch eine Modifikation dieser Osteotomie (nach DuVries), welche die anterolateralen fibulotarsalen Bänder unverändert belässt, erreicht werden.
Ein direktes Verfahren zur Vertiefung des peronealen Sulkus wurde von Zoellner und Clancy beschrieben: Dabei werden die dorsale Sehnenrinne mit Kortikalis und Periost osteotomiert und angehoben, die darunterliegende Spongiose entfernt und der Kortikalisdeckel wieder eingeschlagen. Durch Reposition der Sehnen wird der Deckel in der Vertiefung fixiert.
Postoperativ kann sofort voll belastet werden nach Maß der Schmerzen.
Bei posttraumatischen knöchernen Malunionen von Fibula oder Kalkaneus als Ursache für eine Peronealsehnenluxation besteht die Indikation zur Korrekturosteotomie und Rekonstruktion der Anatomie.
Falls es sich bei dem Patienten um einen professionellen Sportler handelt, können ein straffer Tape-Verband angelegt und die Operation in die Saisonpause verschoben werden. Allerdings müssen Sehnenrupturen und Frakturen ausgeschlossen worden sein.
Im Fall eines mangelhaft ausgebildeten peronealen Sulkus ist eine frühzeitige Entscheidung für eine vertiefende Operation sinnvoll. Bei den Vertiefungsoperationen scheint die Zoellner-Clancy-Variante vorteilhaft, da keine Schraubenfixierung oder Knochenblockosteotomie durchgeführt werden muss und der Patient postoperativ nach Beruhigung der Weichteile funktionell mit Vollbelastung nachbehandelt werden kann.
Operationsspezifisch, jeweils oben aufgeführt.