Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Bandscheibenerniedrigung

Synonyme

Zwischenwirbelraumverschmälerung

Englischer Begriff

Disk space narrowing

Definition

Relative Höhenminderung eines Zwischenwirbelraums.

Vorkommen

Die Bandscheibenerniedrigung kann in jedem Bewegungssegment vorkommen. Sie betrifft jedoch aufgrund der besonderen Belastung und Beweglichkeit bevorzugt die Lendenwirbelsäule sowie die mittlere und untere Halswirbelsäulenregion. Sie kann Folge einer Bandscheibendegeneration mit nachfolgendem Turgor- und Höhenverlust im Rahmen des physiologischen Alterungsprozesses mit Verlust der gewebespezifischen Druckelastizität sein. Ebenso kann die Bandscheibenerniedrigung durch ein allmähliches Vorwölben des Bandscheibenmaterials in die angrenzenden Wirbelkörper (z. B. bei Osteoporose, siehe Osteoporose Typ II) hervorgerufen werden. Die Höhenminderung des Zwischenwirbelraums bewirkt neben einer verstärkten mechanischen Belastung der Wirbelgelenke eine Größenabnahme der Foramina intervertebralia.

Diagnostik

Die Bandscheibenerniedrigung ist nur durch geeignete bildgebende Verfahren (Röntgenaufnahmen, Magnetresonanztomographie, Computertomographie) darzustellen. Ihr kommt bei fehlender klinischer Symptomatik kein Krankheitswert zu.

Langfristig bestehende Höhenminderungen des Zwischenwirbelraums können zur Ausbildung von sekundären knöchernen Reaktionen (Osteophyten) und verstärkter mechanischer Belastung der Wirbelgelenke (Facettensyndrom) führen. Weiterhin kommt es zu einer Einengung der Foramina intervertebralia, was eine Kompression der betreffenden Nervenwurzel nach sich ziehen kann. Nach operativer Entfernung von Bandscheibenanteilen kommt es innerhalb der ersten sechs Monate zur Ausbildung einer zunehmenden Bandscheibenerniedrigung. Umstritten ist die Tatsache, ob eine Bandscheibenerniedrigung zur Ausbildung einer mehrdimensionalen Instabilität des betreffenden Bewegungssegments (z. B. degeneratives Drehgleiten) führt.

Differenzialdiagnose

Erkrankungen der angrenzenden Wirbelkörper (z. B. Frakturen, tumoröse Destruktion, Osteoporose) und entzündliche Veränderungen (Spondylodiszitis, rheumatische Erkrankungen), die mit einer mechanischen Schwächung des Knochens einhergehen, können im bildgebenden Verfahren u. a. mit einer Bandscheibenerniedrigung imponieren. Angeborene Erkrankungen (z. B. Blockwirbel) mit teilweise oder vollständig fehlendem Zwischenwirbelraum sowie Stoffwechselerkrankungen (z. B. Ochronose) müssen ebenso abgegrenzt werden.

Therapie

Die Bandscheibenerniedrigung ohne relevante klinische Symptomatik ist nicht behandlungsbedürftig. Ist sie Ausdruck einer akuten oder allmählich entstandenen Bandscheibendegeneration mit der Folge eines Bandscheibenvorfalls, können operative oder konservative Behandlungen indiziert sein.

Autor

Renée Fuhrmann