Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Rockwood-Einteilung der Schultereckgelenksprengung

Synonyme

Klassifikation der Schultereckgelenksprengung; Gradeinteilung der ACG-Sprengung

Englischer Begriff

Rockwood classification of acromioclavicular separation (shoulder separation)

Definition

Einteilung der Schultereckgelenksprengung in sechs Grade.

Beschreibung

Die Schultereckgelenksprengung (ACG-Sprengung) wird nach Rockwood (2004) in sechs Schweregrade eingeteilt:

Rockwood I: Zerrung/Teilruptur des akromioklavikulären Kapsel-Band-Apparats; korakoklavikuläre Bänder und Fascia deltoideotrapezoidalis nicht verletzt. Im Röntgenbild („Wasserträgeraufnahme“) Verbreiterung des Schultereckgelenkspalts, kein Klavikulahochstand (siehe Abb. 1).


Abb. 1.
Gradeinteilung der ACG-Sprengung nach Rockwood im Röntgenbild: Rockwood I.

Rockwood II: Komplette Zerreißung des akromioklavikulären Kapsel-Band-Apparats; Teilruptur der korakoklavikulären Bänder, Fascia deltoideotrapezoidalis nicht verletzt. Im Röntgenbild Verbreiterung des Schultereckgelenkspalts bei gleichzeitigem Hochstand der lateralen Klavikula um eine halbe Schaftbreite (siehe Abb. 2 und Abb. 3).


Abb. 2.
Gradeinteilung der ACG-Sprengung nach Rockwood im Röntgenbild: Rockwood II.


Abb. 3.
Gradeinteilung der ACG-Sprengung nach Rockwood im Röntgenbild: Rockwood II.

Rockwood III: Komplette Zerreißung des akromioklavikulären Kapsel-Band-Apparats und der korakoklavikulären Bänder, Fascia deltoideotrapezoidalis nicht verletzt. Im Röntgenbild Verbreiterung des Schultereckgelenkspalts bei gleichzeitigem Hochstand der lateralen Klavikula um eine ganze Schaftbreite (siehe Abb. 4).


Abb. 4.
Gradeinteilung der ACG-Sprengung nach Rockwood im Röntgenbild: Rockwood III.

Rockwood IV: Komplette Zerreißung des akromioklavikulären Kapsel-Band-Apparats und der korakoklavikulären Bänder, Fascia deltoideotrapezoidalis ebenfalls verletzt. Im Röntgenbild Schultereckgelenkspalt gegebenenfalls verschmälert (Luxation der Klavikula nach dorsal unter die Trapeziusfasern) bei gleichzeitigem Hochstand der lateralen Klavikula zwischen halber und ganzer Schaftbreite. Zusätzliche klinisch (siehe Abb. 5 und Abb. 6) und radiologisch (siehe Abb. 7 und Abb. 8) darstellbare Instabilität in anteroposteriorer Richtung.


Abb. 5.
Gradeinteilung der ACG-Sprengung nach Rockwood im Röntgenbild: Rockwood IV mit Instabilität in anteroposteriorer Richtung (dorsale Luxation).


Abb. 6.
Gradeinteilung der ACG-Sprengung nach Rockwood im Röntgenbild: Rockwood IV mit Instabilität in anteroposteriorer Richtung (Reposition).


Abb. 7.
ACG-Sprengung Rockwood IV: Klavikulaluxation nach dorsal.


Abb. 8.
ACG-Sprengung Rockwood IV: Klavikulaluxation im reponierten Zustand.

Rockwood V: Komplette Zerreißung des akromioklavikulären Kapsel-Band-Apparats, der korakoklavikulären Bänder und der Fascia deltoideotrapezoidalis. Im Röntgenbild Verbreiterung des Schultereckgelenkspalts bei gleichzeitigem Hochstand der lateralen Klavikula um mehr als eine ganze Schaftbreite (siehe Abb. 9).


Abb. 9.
Gradeinteilung der ACG-Sprengung nach Rockwood im Röntgenbild: Rockwood V.

Rockwood VI: Luxation der Klavikula unter den Processus coracoideus und Verhakung dort. Dieser Verletzungsmechanismus ist äußerst selten und nach unserer Kenntnis bisher nur von Rockwood bei einem Selbstmörder, der von einer Eisenbahn überfahren wurde, gesehen worden.

Im Gegensatz zur Klassifikation nach Tossy (1963) wird bei dieser Gradeinteilung unterschieden zwischen den reinen Zerreißungen des korakoklavikularen Bandapparats und der zusätzlichen Ruptur der Fascia deltoideotrapezoidalis, bei deren Vorliegen das Ausmaß der Instabilität nicht nur in kraniokaudaler Richtung größer wird, sondern auch noch eine Instabilitätskomponente in anteroposteriorer Richtung auftritt (Rockwood V bzw. IV). Da diese zusätzlichen bzw. ausgeprägteren Instabilitäten für die Indikationsstellung zur operativen Behandlung wichtig sind, sollte heutzutage nicht mehr die Klassifikation nach Tossy, sondern die nach Rockwood benutzt werden.

Schultereckgelenksprengungen von Grad Rockwood I und II werden in der Regel konservativ behandelt. Die Indikation zur primär operativen Behandlung besteht bei Verletzung der Fascia deltoideotrapezoidalis (Rockwood IV und V). Bei ACG-Verletzungen von Grad Rockwood III muss die Operationsindikation mit dem Patienten individuell abgesprochen werden. Die Ergebnisse konservativer und operativer Behandlung sind hier vergleichbar.

Autor

Casper Grim