Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Patella, Osteochondrosis dissecans

Definition

Aseptische Nekrose des knorpelüberzogenen Knochenanteils im Bereich der Patellarückfläche. Dieser Knochen bzw. Knorpelteil löst sich im weiteren Verlauf aus dem Verbund und kann einen freien Gelenkkörper bilden (Dissekat; Gelenkmaus).

Pathogenese

Symptome

Richtungsweisend ist die Lokalisation der Schmerzen in den vorderen Abschnitt des Kniegelenks mit Schmerzverstärkung durch Berg- und Treppabgehen und längerem Sitzen. Bei größeren Gelenkschäden kommt es zur Ergussbildung. Gelenkblockierungen können bei freien Dissekaten auftreten.

Diagnostik

Bei der klinischen Untersuchung ist ein Patellaandruckschmerz auslösbar, der verstärkt wird durch Anspannen des M. quadriceps femoris bei passiv fixierter Patella (Zohlen-Zeichen).

Die Patellarückfläche wird im seitlichen Röntgenbild und in der Tangentialaufnahme (siehe Patella, Tangentialaufnahme) beurteilt. Durch die Kernspintomographie lassen sich auch frühe Stadien der Osteochondrosis dissecans darstellen. Weiterhin kann hiermit eine Aussage über die Lokalisation und die Knorpelverhältnisse getroffen werden.

Durch die Arthroskopie kann eine direkte Beurteilung der Knorpeloberfläche mit Beurteilung der mechanischen Stabilität des Dissekats erfolgen.

Differenzialdiagnose

Differentialdiagnostisch kommen alle Ursachen für ein femoropatellares Schmerzsyndrom in Betracht. In erster Linie ist bei unauffälliger Bildgebung an die Chondromalacia patellae zu denken.

Therapie

Die Therapie erfolgt stadienabhängig (siehe auch Osteochondrosis dissecans).

Konservative/symptomatische Therapie

Bei noch erhaltener Knorpeloberfläche (Stadium I und II) kann zunächst eine konservative Therapie erfolgen. Diese beinhaltet Sportkarenz bis hin zur vollständigen Entlastung mit oder ohne Immobilisation. Gelenkphysiologisch scheint eine längere Immobilisation jedoch nicht sinnvoll zu sein.

Medikamentöse Therapie

Eine sinnvolle medikamentöse Therapie existiert nicht.

Operative Therapie

Die Indikation zur operativen Therapie besteht nach erfolgloser konservativer Behandlung und bei höheren Stadien (II–IV).

Im Stadium II besteht das Ziel der Operation in der Durchbrechung der Sklerose, um die Reintegration des subchondralen Knochens zu fördern. Bei noch intaktem Knorpel empfiehlt sich nach Möglichkeit ein retrogrades Vorgehen mit Anbohrung des Herds. Dies kann arthroskopisch oder offen chirurgisch erfolgen.

Im Stadium III muss die vollständige Dissekatlösung vermieden werden. Es erfolgt die anterograde Anfrischung und Anbohrung, eventuell mit Refixation des Dissekats, z. B. mit Schrauben.

Nach Durchbrechung der Sklerose sollte im Stadium IV nach Möglichkeit das Dissekat refixiert werden. Sollte dies nicht mehr möglich sein, stehen verschiedene Möglichkeiten der Defektbehandlung wie Mikrofrakturierung oder Pridie-Bohrung zur Verfügung.

Bewertung

Im Stadium I und II kann bei Kindern und Jugendlichen mit konservativer Behandlung oft ein gutes bis sehr gutes Ergebnis erzielt werden. In späteren Stadien zeigen sich bessere Ergebnisse bei Kindern und Jugendlichen als bei Erwachsenen. Neben der Altersabhängigkeit zeigt sich eine deutliche Korrelation zwischen Defektgröße und Ergebnis.

Nachsorge

Die Nachbehandlung richtet sich nach der durchgeführten Operation.

Literatur

Bruns 1996

Bruns 2001

Autor

Matthias Kusma