Engelhardt (Hrsg.) Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie |
Sehnenscheideninfektion; Panaritium tendineum
V-shaped phlegmon
Sehnenscheidenentzündung, die die Sehnenscheiden von Daumen und Kleinfinger betrifft.
Entstehung durch penetrierende Verletzung oder fortgeleitet. Die Verbreitung der Entzündung erfolgt palmarseitig entlang der Sehnenscheiden. Die Sehnenscheide des Daumens und des fünften Fingers erstrecken sich bis zur Handwurzel, wo sie in einen Sehnenscheidensack münden und in 50 % der Fälle eine anatomische Verbindung aufweisen, über die charakteristische V-förmige Ausprägung der Phlegmone entsteht.
Durch das begleitende Ödem kommt es spätestens nach 48–72 Stunden zum Verschluss der die Sehnen ernährenden Gefäße und zur Sehnennekrose.
Beugestellung von Daumen und Kleinfinger, eventuell Krallenstellung der ganzen Hand. Rötung der Hohlhand, Druckschmerz V-förmig über den betroffenen Sehnenscheiden und kollaterales Handrückenödem.
Anamnese und klinische Untersuchung stehen im Vordergrund. Gegebenenfalls kann die Röntgenaufnahme Aufschluss über eine Beteiligung des Knochens geben.
Subkutaner Abszess.
Dringliche chirurgische Behandlung.
Sofortige chirurgische Behandlung schon bei Verdacht erforderlich.
Postoperative Antibiose, Analgetikatherapie.
Zunächst erfolgt die Inspektion der Sehnenscheiden über einen Schnitt über dem Handgelenk.
Ist die Synovialflüssigkeit klar und die Sehne glatt und spiegelnd, erfolgt die Abstrichentnahme und der Wundverschluss. Ohne eine erneute Eröffnung der Sehnenscheiden wird der Entzündungsherd lokal revidiert.
Ist die Synovialflüssigkeit trüb-eitrig, die Sehne aber noch glatt oder ödematös aufgequollen bei nur leichter gelber Verfärbung, so wird nach der Abstrichentnahme das A1-Band gespalten und eine Drainage eingelegt. Über eine Bruner-Inzision wird die Sehnenscheide eröffnet und es erfolgt ein vollständiges Wunddébridement mit anschließender Drainageeinlage.
Ist die Sehnenscheide eitrig und die Sehne nekrotisch, dann muss nach der Abstrichentnahmen die gesamte Sehnenscheide eröffnet und die nekrotische Sehne soweit wie möglich unter Erhaltung der Ringbänder entfernt werden. Drainageeinlage, lockere Adaptation der Haut, sekundäre Rekonstruktion der Sehne nach vollständiger Ausheilung der Infektion.
Postoperativ sollte zunächst die Ruhigstellung in einer Unterarmgipsschiene erfolgen. Weiterhin Hochlagern der Hand und engmaschige Wundkontrollen bis zur vollständigen Ausheilung. Gegebenenfalls erfolgt eine begleitende Antibiotikatherapie zunächst kalkuliert nach Vorliegen des intraoperativen Abstrichergebnisses entsprechend dem Antibiogramm.
Die frühzeitige chirurgische Intervention ist entscheidend für den Therapieerfolg. Bei fortgeschrittener Infektion besteht die Gefahr von Sehnenverwachsungen, Sehnennekrosen sowie der Ausbreitung auf den Knochen, die Gelenke und den Interdigital-, Thenar-, Hypothenar- und subaponeurotischen Raum.
Zunächst sind regelmäßige klinische Kontrollen erforderlich. Lymphdrainage, krankengymnastische Übungsbehandlung sowie ggf. längerfristig Ergotherapie zur Wiedererlangung der Funktion der betroffenen Hand.