Engelhardt (Hrsg.) Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie |
Degenerativer Rotatorenmanschettenriss; Degenerativer Sehnenriss Schulter; Sehnenverschleiß Schulter; Rotatorenmanschetteninsuffizienz
Degenerative rotator cuff tear
Partielle oder die volle Sehnendicke betreffende (full thickness tear) Kontinuitätsdurchtrennung der manschettenförmig den Oberarmkopf umgreifenden Sehnenplatte.
Eine verminderte Durchblutung, insbesondere im Bereich der Supraspinatussehne ansatznah entweder aufgrund der anatomischen Voraussetzungen der Blutversorgung oder druckbedingt durch eine anatomische Enge (Outlet-Impingement), führt zu einer zunehmenden Sehnendegeneration und damit einer verminderter Belastbarkeit der Rotatorenmanschette. Dadurch kann es spontan oder durch nicht-adäquates Trauma zu einer Kontinuitätsdurchtrennung kommen.
Schmerzen bei Bewegung, insbesondere bei gleichzeitiger Abspreizung in Innenrotation, da die verletzte Sehne dann unter dem anatomisch engsten Anteil des Schulterdachs hindurchgleitet. Typischer Schmerzradius etwa zwischen 60°- und 120°-Abspreizung („mittlerer schmerzhafter Bogen“). Schmerzausstrahlung eher zur Mitte des Oberarms als in den Nacken. Häufig Nachtschmerz mit schmerzbedingten Schlafstörungen. Je nach Größe der Läsion Kraftdefizit.
Klinische Untersuchung: „mittlerer schmerzhafter Bogen“ mit Schmerzverstärkung in Innen- und Schmerzlinderung in Außenrotation; Impingement-Tests z. B. nach Neer, Hawkins und Kennedy oder Clancy (Außenrotatoren); Lift-off-Test nach Gerber (Subskapularis); Kraftabschwächung in Abduktion und/oder Rotation; bei Inspektion Muskelatrophie; bei Palpation lokaler Druckschmerz über Tuberculum majus bzw. minus oder Krepitation.
Apparative Diagnostik: Röntgen der Schulter in zwei Ebenen (Verschmälerung des Subakromialraums, Oberarmkopfhochstand), outlet-view (gegebenenfalls knöcherene Ausziehungen von Akromionvorderkante oder lateraler Klavikula); Sonographie als dynamische Untersuchung (Unterscheidung partielle oder gesamte Sehnendicke betreffende Ruptur, Größenbestimmung); gegebenenfalls Magnetresonanztomographie zur Abklärung eventuell vorliegender fettiger Degeneration der Rotatorenmuskulatur (Indikationshilfe Operation).
Schulter-Arm-Syndrom; Zervikobrachialgie; frozen shoulder; primäres oder sekundäres Impingement (Outlet-/Non-outlet-Impingement); neuralgische Schulteramyotrophie
Schmerzbekämpfung
Nicht-steroidale Antirheumatika, gegebenenfalls lokale Infiltrationen subakromial (Lokalanästhesie, eventuell Kortison), im Akutstadium Eisanwendung, bei chronischem Verlauf Wärme; gezielte Krankengymnastik zum Erhalt oder zur Wiederherstellung der Beweglichkeit; Kraftaufbau, insbesondere der Oberarmkopfdepressoren und der skapulothorakalen Muskulatur, zur Kompensation der ruptur- oder schmerzbedingten Abschwächung der depressorischen Kräfte.
Nicht-steroidale Antirheumatika; Analgetika; Muskelrelaxantien
Bei Längsrissen direkte Naht, bei knochennahem Abriss transossäre Reinsertion (häufiger), bei Vorliegen ossärer Ausziehungen am Schulterdach (Outlet-Impingement) knöcherne Dekompression.
Kräftigung der Oberarmkopfdepressoren und der skapulothorakalen Muskulatur in Eigenregie, Koordinationstraining.
Gezielte und ausreichend lang durchgeführte konservative Behandlung führt in ca. 50 % der Fälle zu befriedigendem Erfolg; operative Therapie in 70–80 % der Fälle erfolgreich.
Nach operativer Rekonstruktion häufig Lagerung auf Thoraxabduktionsorthese (Briefträgerkissen) erforderlich zur temporären Entlastung der Naht.