Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Arthritis, bakterielle

Synonyme

Gelenkinfektion; Septische Arthritis; Eitrige Arthritis

Englischer Begriff

Septic arthritis; Joint empyema

Definition

Intraartikuläre vitale Erreger (spezifische und unspezifische Infektionen).

Pathogenese

Bei der bakteriellen Arthritis sind verschiedene Infektentstehungen möglich:

  • Endogene Einschwemmung der Erreger kann im Rahmen einer Bakteriämie erfolgen, z. B. im Rahmen von urologischen, zahnärztlichen Eingriffen, aber auch ausgehend von chronischen Ulzerationen der Unterschenkel.
  • Exogenes Einbringen der Bakterien kann durch unsterile Gelenkpunktionen und Operationen oder Fremdkörpereinbringung im Rahmen von Unfallverletzungen erfolgen. Der Anteil iatrogener bakterieller Arthritiden wird auf 40 % eingeschätzt.

Per continuitatem aus einer paraartikulären Abszedierung oder Osteomyelitis oder posttraumatischen Osteitis.

Besonders sind Personen mit eingeschränkter Immunkompetenz (Diabetes mellitus, rheumatoide Arthritis, immunsuppressive Medikation, HIV, Niereninsuffizienz und Alkoholabusus) betroffen.

Symptome

Hochschmerzhaftes Gelenk mit deutlicher Schwellung, Rötung und Überwärmung. Der Gelenkerguss und die Schmerzen führen in der Regel zu einer Schonhaltung und starkem Bewegungsschmerz. Je nach Stadium der Gelenkinfektion können auch allgemeine Infektionszeichen mit Fieber, Schüttelfrost und Laborveränderung (Erhöhung des C-reaktiven Proteins und Leukozytose) bestehen.

Diagnostik

Allgemeine körperliche Untersuchung und Lokalbefund. Labordiagnostik mit Blutbild, CRP und Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit und Röntgen des Gelenks in zwei Ebenen. Bei schwerer Symptomatik komplette Labordiagnostik zur frühzeitigen Erkennung einer generalisierten Sepsis.

Gelenkpunktion zur schnellen Entlastung und mikrobiologischen Untersuchung. Gram-Färbung des Untersuchungsmaterials und möglichst Synoviaanalyse.

Differenzialdiagnose

Reaktive Arthritis; Rheumatoide Arthritis; Gichtarthropathie

Therapie

Akuttherapie

Kühlung, Schmerzmedikation, Punktion zur kurzfristigen Entlastung, dringliche operative Versorgung.

Konservative/symptomatische Therapie

Keine konservative Therapie.

Medikamentöse Therapie

Empirisch kalkulierte Antibiotikatherapie nach Probengewinnung; nach Erhalt der mikrobiologischen Untersuchung gegebenenfalls Anpassung der antibiotischen Therapie.

Operative Therapie

Die operative Versorgung erfolgt stadienorientiert. Die Gelenkinfektionen werden nach einer arthroskopisch gestützten Klassifikation von Gächter eingeteilt:

  1. Stadium I mit trübem Gelenkerguss und hyperämischer Synovialis. Hier erfolgt die Behandlung mit einer ausführlichen arthroskopischen Lavage und gegebenenfalls der lokalen Einbringung von resorbierbaren Antibiotikaträgern.
  2. Stadium II mit eitrigem Gelenkerguss und synovialer Hypertrophie und Fibrinauflagerungen. Es erfolgt wiederum die arthroskopische Lavage, Synovialektomie und Abtragung der Fibrinauflagerungen. Wie im Stadium I kann die Applikation von resorbierbaren Antibiotikaträgern erfolgen. Alternativ kann die Behandlung als offene Synovialektomie durchgeführt werden. Die Wahl des chirurgischen Zugangs hängt von der persönlichen Erfahrung des Operateurs und dem Lokalbefund des Patienten ab. Sowohl bei offener als auch arthroskopischer Therapie muss eine radikale Synovialektomie und ausführliche Gelenkspülung z. B. durch eine Jet-Lavage erreicht werden.
  3. Stadium III mit zottiger Synovialitis, Adhäsionen und Taschenbildungen. Zum Teil wird das Gelenk durch die synoviale Wucherung tamponiert. Die Behandlung kann bei geübtem Arthroskopeur mit einer arthroskopischen ausgedehnten Synovialektomie und vollständigen Entfernung der Verklebungen durchgeführt werden. Zum Abschluss bietet sich die lokale Applikation von resorbierbaren Antibiotikaträgern an. Wie im Stadium II kann auch hier eine offene operative Versorgung durchgeführt werden.
  4. Stadium IV zusätzlich zu den Befunden in Stadium III kommt es zur Unterminierung des Knorpels und zur Ausbreitung der Infektion auf den Knochen im Sinn einer Osteomyelitis. In diesem Stadium bietet sich das offene Vorgehen mit radikaler Synovialektomie und Druckspülung des Gelenks an. Das radikale Débridement des infizierten Knochens ist erforderlich. Zum Behandlungsabschluss erfolgt die Einlage von Antibiotikaträgern. Hier können auch nicht-resorbierbare Antibiotikaträger und geplante Etappenrevisionen zur Anwendung kommen.

Autor

Stefan Kirschner