Engelhardt (Hrsg.) Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie |
Morbus Lance
Osteonecrosis of the lateral cuneiform
Stadienhaft ablaufende vorübergehende Durchblutungsstörung des Os cuneiforme laterale (sehr selten) im Jugendalter, die je nach Verlauf folgenlos ausheilen oder in einer morphologischen Deformierung des Knochens enden kann.
Die Ätiologie ist vermutlich multifaktoriell. Diskutiert werden embolische Gefäßverschlüsse unterschiedlicher Ätiologie, Infektionen oder Traumen. Alimentären Faktoren (Avitaminosen) wird eine begünstigende Wirkung zugeschrieben. Auch genetische Störungen des Knochenwachstums sind möglich.
Die Erkrankung verläuft in Stadien und beginnt mit einem Knorpel-Knochen-Ödem (Initialstadium), das zu einer mechanischen Schwächung des Knochens führt, so dass es zur Mikrofrakturierung mit Sinterung der Knochentrabekel kommt (Kondensationsstadium). Daraus kann eine Deformierung des Knochens resultieren, die einem Zerfall in mehrere Fragmente gleichkommt (Fragmentationsstadium), bevor es wieder zur Gefäßeinsprossung mit reparativem Aufbau des Knochens kommt (Reparationsstadium).
Die Beschwerden sind wechselhaft und können von Schmerzfreiheit bis zur Belastungsinsuffizienz des Fußes führen.
Die klinische Untersuchung ist, abgesehen von einem Druck- oder Erschütterungsschmerz in Höhe der lateralen Fußwurzel und einer möglichen Schwellung, uncharakteristisch. Röntgenologisch lässt sich das Initialstadium meist nicht darstellen. Szintigraphisch wie auch kernspintomographisch sind jedoch auch die frühen Stadien bereits zu erfassen. In den späteren Stadien zeigt sich im Röntgenbild eine Verdichtung des betreffenden Knochens (Kondensation), die von einer Frakturierung (Fragmentation) gefolgt sein kann.
Fraktur des Os cuneiforme laterale oder der Basis des Os metatarsale V, Kapselbandverletzung des lateralen Sprunggelenks, transitorische Osteoporose, Knochentumor.
Wird die Erkrankung im Frühstadium erkannt, kann durch Einsatz konservativer Behandlungsmaßnahmen eine Ausheilung ad integrum erreicht werden. In fortgeschrittenen Stadien ist hingegen meist eine operative Therapie erforderlich.
Ruhigstellung und Entlastung des Fußes, Antiphlogistika.
Die konservative Therapie besteht vor allem in einer Ruhigstellung und Entlastung des betreffenden Fußes. Begleitend können physikalische Maßnahmen (Iontophorese, Ultraschall) hilfreich sein.
Applikation von Antiphlogistika und Prostaglandinanaloga.
Im Kondensationsstadium und frühen Fragmentationsstadium kann eine Anbohrung des Os cuneiforme sinnvoll sein, um die venöse Stase zu reduzieren und die Neovaskularisation anzuregen. Kommt es nach Abschluss des Reparationsstadiums zu einer Deformierung des Knochens, kann bei Erhalt der Artikulationsebenen ein knöcherner Aufbau erforderlich sein. Sind die Gelenkflächen betroffen und kommt es zur Ausbildung einer Instabilität oder Arthrose, sind Arthrodesen nicht zu umgehen.
Bei frühzeitiger Diagnose kann eine Deformierung des Os cuneiforme laterale meist vermieden werden, so dass es zu einer folgenlosen Ausheilung kommt. Wird die Erkrankung erst später festgestellt und ist es durch die weiter einwirkende Belastung zu einer Deformierung des Knochens gekommen, ist von einer Defektheilung mit Beeinträchtigung der lateralen Fußsäule auszugehen.
Während des Verlaufs der Erkrankung, die sich über mehrere Jahre ausdehnen kann, ist eine regelmäßige fachärztliche Untersuchung unerlässlich, um den Zustand des Os cuneiforme laterale einzuschätzen und gegebenenfalls die Indikation zum operativen Vorgehen zu stellen.