Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Unterarm, Supinationsfehlstellung

Synonyme

Supinationskontraktur des Unterarms

Englischer Begriff

Supination contracture of the forearm

Definition

Ätiologisch unterschiedliche Störung der Unterarmdrehbeweglichkeit, wobei der Unterarm so gedreht ist, dass die Hohlhand nach dorsal zeigt.

Vorkommen

Angeborene Deformitäten (z. B. radioulnäre Synostose, Arthrogrypose), sekundäre Ossifikationen der Membrana interossea (z. B. nach Fraktur, Weichteiltrauma), distale Unterarmfrakturen mit Verletzung des distalen Radioulnargelenks, spastische Deformitäten und Paralysen (z. B. Erb-Lähmung) können mit einer Supinationsdeformität des Unterarms einhergehen.

Diagnostik

Die Untersuchung der oberen Extremität beinhaltet die Befunderhebung an allen Gelenken, vor allem am Ellenbogen- und Handgelenk. Mit angelegten Oberarmen und rechtwinklig gebeugten Ellenbogengelenken lässt sich das Ausmaß der Supinationsfehlstellung bereits abschätzen. Eine dynamische Untersuchung gelingt am besten, indem der Patient den Ellenbogen auf dem Untersuchungstisch aufstützt und der Untersucher den distalen Unterarm passiv bewegt.

Röntgenologisch kann eine orthograde Aufnahme in 90°-Abduktion des Schultergelenks und 90°-gebeugtem Ellenbogengelenk Aufschluss über die Ursache der Kontraktur geben. Gegebenenfalls sind Funktionsuntersuchungen unter Bildwandlerkontrolle oder eine Computertomographie hilfreich.

Therapie

Supinationsfehlstellungen erfordern meist eine operative Maßnahme, da die Fehlstellung eine erhebliche Funktionsbehinderung des Arms darstellt. Ist die Supinationskontraktur auf eine fehlverheilte Fraktur zurückzuführen, kann sie durch eine Korrekturosteotomie gebessert werden. Supinationsfehlstellungen, die im Rahmen einer Paralyse oder Spastik auftreten, lassen sich durch Tenotomien, Myotomien oder Sehnentranspositionen bessern.

Konservative/symptomatische Therapie

Angeborene Deformitäten können vorübergehend durch Orthesen und Schienen behandelt werden, wobei es technisch schwierig ist, eine ausreichende Passgenauigkeit zu erreichen.

Medikamentöse Therapie

Möglich ist bei spastischen Supinationskontrakturen eine ultraschallgestützte Injektion von Botulinumtoxin, die zu einer vorübergehenden Reduktion des Muskeltonus führt.

Operative Therapie

Ist die Supinationskontraktur auf eine fehlverheilte Fraktur zurückzuführen, kann sie durch eine Korrekturosteotomie gebessert werden. Supinationsfehlstellungen, die auf eine Paralyse zurückzuführen sind, lassen sich durch eine Transposition der Sehne des M. biceps radii günstig beeinflussen. Dabei wird die Bizepssehne Z-förmig verlängert, um den Radiushals geführt und reinseriert. Ein Release der Membrana interossea von der Ulna oder des M. supinator vom Radius kann das Bewegungsausmaß zusätzlich verbessern.

Bewertung

Die Supinationskontrakturen lassen sich durch entsprechende Maßnahmen operativ korrigieren. Eine regelrechte Unterarmdrehbeweglichkeit ist nur selten zu erreichen, es kann aber eine funktionell günstigere Einstellung der Unterarmdrehung erreicht werden.

Nachsorge

Nach den Sehnentranspositionen und Osteotomien ist eine zeitweise Immobilisation des Arms in einer Oberarmschiene erforderlich (vier bis acht Wochen). Anschließend sind oft eine längerfristige Versorgung mit Nachtlagerungsschienen sowie eine physiotherapeutische Behandlung erforderlich.

Autor

Renée Fuhrmann