Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Bestrahlung

Synonyme

Radiatio; Strahlentherapie; Röntgenbestrahlung

Englischer Begriff

Radiation therapy

Definition

Behandlung von Erkrankungen durch die biologische Wirkung ionisierender Strahlen.

Indikation

Palliative Strahlentherapie bei malignen Tumorerkrankungen: einerseits zur Stabilisierung, d. h. Reduktion des Wachstums strahlensensibler Tumoren zwecks Verhinderung von Komplikationen wie pathologischen Frakturen, oder unter Notfallbedingungen zur Behandlung einer drohenden oder manifesten Querschnittssymptomatik (Wirbeltumoren), andererseits zur Beseitigung bzw. Linderung tumorbedingter Schmerzen bei Metastasen, seltener bei primär malignen Knochen- und Weichteiltumoren. Kurative Strahlentherapie mit dem Ziel der nachhaltigen Entfernung eines malignen Tumors: als alleinige Therapie (Primärtherapie, z. B. bei Lymphom), in Kombination im Rahmen einer Radiochemotherapie, als präoperative Radiotherapie zur Reduktion der Tumormasse (z. B. Ewing-Sarkom), intraoperative oder postoperative Radiotherapie.

Kontraindikation

Effekte der Strahlenexposition.

Durchführung

Nach der Strahlungsart unterscheidet man die Photonentherapie und hier wiederum die Röntgentherapie (als Weichstrahl- oder als Hartstrahl- bzw. Orthovolttherapie) für superfiziell gelegene Herde sowie die Megavolttherapie (Hochvolttherapie) für tiefer gelegene Tumoren meist mit Linearbeschleunigern, weiterhin die Neutronentherapie und die Therapie mit Korpuskularstrahlung (Elektronen, Protonen und Schwerionen).

Nebenwirkungen können einerseits durch die biologische Strahlenwirkung (deterministisch oder stochastisch), andererseits durch Begleitwirkungen (vor allem übermäßige Angst bis zur Aktinophobie) entstehen. Sie sind meist deterministisch, d. h. dosisabhängig, und erst ab einer bestimmten Schwellendosis auftretend kommt es im Strahlenfeld zu Zellnekrosen mit nachfolgender Entzündungsreaktion und Vernarbung: an der Haut in Form von Strahlenerythem und Epilation, am Knochenmark Leukopenie und Thrombozytopenie, eventuell später Knochenmarkinsuffizienz mit Konversion von blutbildendem Mark in Fettmark, am Knochengewebe strahleninduzierte Ostitis (Osteoradionekrose) mit möglichen Insuffizienzfrakturen (besonders typisch am Os sacrum nach Radiatio gynäkologischer Tumoren, siehe Abb. 1). Folgeschäden nach Bestrahlung im Kindesalter: Wachstumsstörung (regionale Osteoporose im Bestrahlungsfeld, Schädigung der Wachstumsfugen mit Deformierungen), Knorpelschäden und Osteoblastenschädigungen mit Skelettdeformitäten, Skoliose. Stochastische Folgewirkungen sind vor allem Strahlensarkome, die nur zum Teil dosisabhängig und ohne Schwellendosis, d. h. bereits nach geringster Strahlenexposition, auftreten können als Folge einer Zellschädigung mit Entstehung maligner Tochterzellen, oft Jahre nach Exposition.


Abb. 1.
Insuffizienzfraktur des Os sacrum, rechts (Pfeil), nach Bestrahlung eines Zervixkarzinoms.

Nachbehandlung

Während der Therapie Behandlung bzw. Prävention von Lokalreaktionen (Strahlenerythem der Haut) und Allgemeinsymptomen (Abgeschlagenheit, Müdigkeit), später regelmäßige Nachkontrollen bis zu fünf Jahre nach Therapieende.

Autor

Bernd Tombach, Jan Bischoff