Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Störfeldanästhesie

Synonyme

Störfeldtherapie; Störfeldausschaltung

Englischer Begriff

Interference field anaesthesia; Focus anaesthesia; Interference field therapy

Definition

Unter Störfeldanästhesie versteht man die Unterbrechung (und Normalisierung) entarteter vegetativer Regulationsmechnismen durch Quaddeln von Irritationszonen mit (meist) Lokalanästhetika. Als Störfeld können aus neuraltherapeutischer Sicht alte Verletzungen, Brüche, Narben, chronische Entzündungen und Traumata wirken. Sie verhalten sich klinisch zumeist unauffällig, d. h. schmerz- und beschwerdefrei, und sind daher auch schwer auffindbar, häufig jedoch (80–90 %) im lymphatischen System und im Kopfbereich (Tonsillen, Nasennebenhöhlen, Zähne, Kiefer, Augen, Ohren) lokalisiert. Diese „energetischen“ Irritationszonen beeinflussen via vegetativem Nervensystem andere Bereiche des Körpers (Fernwirkung), so dass sofort oder auch erst Monate bzw. Jahre später fokusferne Beschwerdebilder mit unklarer Ursache auftreten.

Indikation

Nach Huneke kann jede chronische Krankheit störfeldbedingt sein und jede Stelle des Körpers kann zu einem krankheitsauslösenden oder -unterhaltenden Störfeld werden. So können z. B. chronische Entzündungen, Residuen abgelaufener Entzündungsvorgänge und Narben auf das Vegetativum einen so starken Dauerreiz ausüben, dass es permanent in seiner Funktion gestört wird und das Beschwerdebild des Patienten fokusfern hervorruft.

Kontraindikation

Bei psychischen Störungen (z. B. Psychosen), malignen Erkrankungen, akuten Infektionskrankheiten oder genetischen Erkrankungen ist ein neuraltherapeutischer Therapieansatz mit Störfeldsuche nicht möglich.

Relativ kontraindiziert ist das Verfahren bei Epilepsie und Herzrhythmusstörungen (AV-Block II. und III. Grades, andere Überleitungsstörungen, Bradykardie) sowie bei manifester Herzinsuffizienz.

Absolut kontraindiziert ist die Störfeldanästhesie bei Vorliegen einer Allergie auf die Lokalanästhetika, bei Myasthenia gravis und manifesten Gerinnungsstörungen.

Durchführung

In oder um Störfelder werden kleine Quaddeln gesetzt. Oft müssen jedoch Testinjektionen durchgeführt werden, um sich an den eigentlich ausschlaggebenden Störfeldpunkt heranzutasten. Handelt es sich um das krankheitsauslösende Störfeld, resultiert eine Heilung von den durch das Störfeld ausgelösten Krankheiten. Die Genesung soll über das Sekundenphänomen (nach Huneke) erfolgen. Das Störfeld verliert durch die Injektion seinen krankheitsbestimmenden Charakter. Drei Bedingungen werden an das Huneke-Phänomen gestellt:

  1. Alle vom Störfeld ausgelösten Fernstörungen müssen in der Sekunde der Injektion komplett verschwinden.
  2. Völlige Symptomfreiheit muss für mindestens acht Stunden bestehen, wenn Zähne Störfelder sind. Bei allen anderen Störfeldern wird nach der Injektion ein symptomfreies Intervall von mindestens 20 Stunden gefordert.
  3. Bei Rezidiven sind die Injektionen an der gleichen Stelle zu wiederholen. Die Wirkungszeit des therapeutischen Effekts muss sich gegenüber dem ersten Mal steigern.

Als Störfeldanästhetikum wird vor allem Procain mit verschiedenen Zusätzen (z. B. Koffein, Atropin, Nikotin, Phenylbarbitursäure) appliziert, aber auch andere Lokalanästhetika werden eingesetzt.

Nachbehandlung

Das Auffinden eines Störfelds bedarf häufig einer intensiven Diagnostik. Auch für erfahrene Neuraltherapeuten kann sich die Therapie bei komplexen Krankheitsbildern als aufwändig erweisen. Oft sind drei bis fünf Behandlungen (und mehr) des Störfelds notwendig, bis die erwünschte Wirkung (dauerhaft) eintritt.

Autor

Peter Teschendorf