Engelhardt (Hrsg.) Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie |
Chondromalacia
Chondromalacia
Bei der Chondromalazie besteht eine Gelenkknorpelerweichung. Hierbei werden die Schmerzen in verschiedenen anatomischen Strukturen mit Ausnahme des nicht innervierten hyalinen Knorpels ausgelöst. Häufig ist die Chondromalazie retropatellar lokalisiert (siehe Chondromalacia patellae).
Ursache der Knorpelschädigung ist ein Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit des betroffenen Gelenks. Dies kann verschiedene Ursachen haben: Durch Inkongruenzen kann die Belastung erhöht sein; durch besondere sportliche oder berufliche Belastung kann das Gelenk mehr belastet sein. Weiterhin kommen traumatische Faktoren wie Knorpelkontusionen oder Inkongruenzen nach Frakturen in Betracht.
Ist die Belastbarkeitsgrenze des hyalinen Knorpels überschritten, kommt es zur Erweichung, zum Aufbrechen und schließlich zum Knorpelverlust.
Es bestehen Schmerzen in dem betroffenen Gelenkabschnitt mit Schmerzverstärkung durch Belastungszunahme.
Klinisch kann die Chondromalazie durch eine vermehrte Krepitation identifiziert werden, ebenso kann sich abriebbedingt ein Erguss bilden. Des Weiteren kann bei der klinischen Untersuchung ein lokaler Druckschmerz über dem betroffenen Gelenkabschnitt auslösbar sein.
Im Röntgenbild kann eine vermehrte subchondrale Sklerosierung erkennbar sein.
Der Knorpel kann in der Kernspintomographie dargestellt werden; allerdings ist die Knorpelqualität durch die Arthroskopie weitaus besser beurteilbar. Arthroskopisch kann die Knorpelschädigung klassifiziert werden; hierbei haben sich die Klassifikationen nach Lindberg und Outerbridge durchgesetzt (siehe Tabelle 1 und Tabelle 2).
Grad I |
Knorpeloberfläche weich |
Grad II |
Oberflächenstruktur rau oder aufgefasert, Knorpel jedoch überall erhalten |
Grad III |
freiliegender subchondraler Knochen |
Grad I |
lokalisierte Erweichung und Schwellung des Knorpels |
Grad II |
Defekt bis 13 mm Durchmesser, Auffaserung und Erweichung des Knorpels |
Grad III |
Defekt > 13 mm Durchmesser, Knorpelrisse |
Grad IV |
Erosion des Knorpels bis auf den subchondralen Knochen |
Neben der Knorpelschädigung können weitere intra- und extraatikulär gelegene Läsionen ähnliche Beschwerden hervorrufen. Intraartikulär können sowohl weichteilige Schädigungen wie Meniskusläsionen, lokale Synovialitis und Plikasyndrom als auch ossäre Läsionen wie Osteochondrosis dissecans für die Symptomatik verantwortlich sein. Als extraarikuläre Ursachen kommen häufig lokale mechanische Überlastungen an benachbarten Strukturen wie Sehneninsertionen vor. Ferner können lokale Bursitiden ähnliche Symptome hervorrufen.
Zunächst sollte mit einer konservativen Behandlung begonnen werden; bei bleibenden Beschwerden kann allerdings ein operatives Vorgehen notwendig werden.
Zunächst sollte die Belastung reduziert werden. Des Weiteren muss eine intensive krankengymnastische Beübung erfolgen. Physikalische Maßnahmen wie Kryo- oder Wärmebehandlung, Iontophorese oder Ultraschall können durchgeführt werden.
Neben lokalen Salbenanwendungen mit Antiphlogistika ist die systemische Therapie mit nicht-steroidalen Antirheumatika sinnvoll.
Bei persistierenden Beschwerden trotz konsequenter konservativer Therapie kann die diagnostische Arthroskopie indiziert sein. Bei entsprechenden Knorpelläsionen können dann die Mikrofrakturierung oder ähnliche knorpelchirurgische Maßnahmen sinnvoll sein. Der Nutzen einer alleinigen Knorpelglättung bleibt umstritten und erscheint nur bei instabilen Knorpelfragmenten wichtig. Bei nachvollziehbarer biomechanischer Ursache der Beschwerden können operative Maßnahmen erfolgen, um das entsprechende Gelenkkompartiment zu entlasten, beispielsweise die valgisierende Tibiakopfumstellungsosteotomie bei Varusgonarthrose oder anteromedialisierende Versetzungen der Tuberositas tibiae bei Malalignment der Patella.
Bei fortgeschrittener Arthrose kann eine Alloarthroplastik erfolgen.
Die Nachsorge ist abhängig von der durchgeführten Therapie. Nach Osteotomien muss eine Entlastungsphase bis zur sicheren knöchernen Konsolidierung beibehalten werden, um einem Korrekturverlust vorzubeugen.