Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Fraktur, Nachbehandlung

Definition

Behandlung nach konservativer oder operativer Frakturversorgung.

Indikation

Das Ziel jeder Frakturbehandlung ist das Wiedererlangen der belastbaren Kontinuität des Knochens ohne wesentliche Fehlstellung und unter erhaltener Funktion der angrenzenden Gelenke. Prinzipiell bedarf jede Fraktur der Nachbehandlung, doch je nach Lokalisation der Fraktur, Frakturtyp, Art der Versorgung und Lebensalter des Patienten fällt die Nachbehandlung unterschiedlich aus.

Kontraindikation

Natürlich sind bezüglich aller unten aufgeführten Maßnahmen die jeweiligen Restriktionen und Kontraindikationen zu beachten, die sich im speziellen Fall ergeben. Nach operativer Frakturbehandlung sollten die Angaben des Operateurs über Besonderheiten in der Nachbehandlung beachtet werden, nur er hat im Zweifelsfall eine konkrete Vorstellung von der Belastbarkeit seiner Osteosynthese.

Durchführung

Allgemeine Prinzipien der Frakturnachbehandlung sind:

  1. 1. die Mobilisation angrenzender Gelenke,
  2. 2. die Stimulation der die Fraktur umgebenden Muskulatur,
  3. 3. die Thromboseprophylaxe,
  4. 4. die Prophylaxe trophischer Störungen einschließlich des Morbus Sudeck,
  5. 5. die Schmerztherapie,
  6. 6. die Infektionsprophylaxe nach offenen Frakturen bzw. Osteosynthese,
  7. 7. die Durchführung sekundärer Maßnahmen wie Dynamisierung oder Gipskeilung.
  • Zu 1. und 2.: Die Mobilisation angrenzender Gelenke und die Aktivierung der Muskulatur sind eine Domäne der Physiotherapie, gegebenenfalls unter Einbeziehung der Elektrotherapie zwecks Muskelstimulation.
  • Zu 3.: Die Thromboseprophylaxe wird bei Immobilisation des Patienten und Entlastung der unteren Extremitäten durchgeführt, im Allgemeinen bis zum Wiedererreichen der Vollbelastung. Hier kommen insbesondere niedermolekulare Heparine zur Anwendung.
  • Zu 4.: Die Prophylaxe trophischer Störungen umfasst die sorgfältige Kontrolle von Lokalbefund und distaler Sensibilität, Durchblutung und Motorik, die Prophylaxe von Druckschäden bei Gipsbehandlungen sowie die frühe Erkennung und adäquate Behandlung eines Morbus Sudeck, teils physiotherapeutisch, teils medikamentös.
  • Zu 5.: Die Mobilisation eines Patienten wird durch Schmerzen erschwert, daher gehört eine angemessene Analgesie zur Frakturbehandlung. Sie erfolgt nach dem Stufenschema der WHO, beginnend mit peripher wirkenden Analgetika wie NSAID (wobei Berichte über eine gesteigerte Pseudarthrosenfrequenz die Gabe von NSAID bei Frakturen mit erhöhtem Pseudarthrosenrisiko einschränken), und kann bei Bedarf durch niedrig oder höher potente Opioide ergänzt werden.
  • Zu 6.: Nach offenen Frakturen muss je nach Typ und Ort der Verletzung eine Antibiotikabehandlung bzw. -prophylaxe durchgeführt werden, um persistierende Infektionen beispielsweise im Sinne einer Osteomyelitis zu verhindern.
  • Zu 7.: Bei manchen Frakturbehandlungen ist schon zu Beginn die Notwendigkeit sekundärer Maßnahmen absehbar, beispielsweise die Dynamisierung eines Marknagels nach Fraktur eines langen Röhrenknochens durch Entfernung von Verriegelungsschrauben, die Entfernung von Stellschrauben am Sprunggelenk oder die Gipskeilung bei geschlossener Behandlung bestimmter Frakturen des wachsenden Skeletts (z. B. metaphysäre Biegungsbrüche der proximalen Tibia beim Kind).

Autor

Nils Hailer