Engelhardt (Hrsg.) Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie |
Pseudoachondroplasia
Skelettdysplasie mit dysproportionierter Wachstumsstörung des Körpers und stark verkürzten Armen und Beinen.
Genetisch bedingte Erkrankung mit autosomal-dominantem oder autosomal-rezessivem Erbgang, die zu einer qualitativ veränderten Ausprägung eines Glykoproteins führt. Die Folge sind epiphysäre und metaphysäre Ossifikationsstörungen.
Ab dem Kleinkindesalter (zweites bis viertes Lebensjahr) kommt es zu einer Wachstumsverzögerung, die besonders die Arme und Beine betrifft. Das Schädelwachstum ist normal. Die Körpergröße beträgt nach Abschluss des Wachstums höchstens 130 cm. Varische Deformitäten der Kniegelenke und der Unterschenkel sind typisch. Die Gelenke zeigen eine krankhaft vermehrte Instabilität, was sich an überstreckbaren Kniegelenken und Ausbildung von Knickplattfußdeformitäten zeigt. Eine Hyperlordose der Lendenwirbelsäule ist typisch, skoliotische Seitverbiegungen können vorkommen. Die Hände und Finger sind stark verkleinert.
Die Klassifikation der Skelettdysplasien erfolgt nach ätiopathogenetischen und röntgenmorphologischen Kriterien sowie dem Zeitpunkt des Auftretens. Zur Röntgendiagnostik gehören Aufnahmen der Wirbelsäule, des Beckens, der Kniegelenke, der Hände und des Schädels. Bei der Pseudoachondroplasie sind Ossifikationsstörungen der Wirbelsäule noch bis ins Jugendalter nachweisbar. Eine sehr flache oder schnabelförmige Wirbelkörperform ist typisch. Das Becken ist insgesamt verbreitert. Die Hände zeigen kurze Mittelhandknochen und Phalangen mit breiten Metaphysen und unregelmäßigen Epiphysen.
Achondroplasie; Hypoachondroplasie; Spondyloepiphysäre Dysplasie
Nach Abschluss des Wachstums können je nach Deformität Korrekturosteotomien, Stabilisierungen der Wirbelsäule oder ein frühzeitiger Gelenkersatz erforderlich sein.
Je nach Befund können orthopädisches Schuhwerk zur Stabilisation des Rückfußes oder kniegelenksübergreifende Orthesen oder Korsette im Wachstum hilfreich sein.
Die hüftgelenksnahen knöchernen Korrekturen beinhalten intertrochantere Umstellungsosteotomien zum Ausgleich der Coxa vara oder Coxa valga. Bei begleitenden Hüftdysplasien kann die Überdachung der Femurköpfe durch Beckenosteotomien verbessert werden. Im Bereich der Wirbelsäule sind bei hochgradigen Skoliosen korrigierende Spondylodesen indiziert. Frühzeitige Gelenkersatzoperationen können aufgrund der frühzeitigen Arthrose besonders an Hüft- und Kniegelenk erforderlich werden.
Die Prognose der Pseudoachondroplasie wird neben dem dysproportionierten Minderwuchs durch die Instabilität und Deformierung der Gelenke sowie den Befall der Wirbelsäule bestimmt. Meist resultiert nach Abschluss des Wachstums eine erhebliche Einschränkung der Geh- und Stehfähigkeit.
Die betreffenden Patienten sollten mindestens bis zum Wachstumsabschluss in kontinuierlicher fachärztlicher Behandlung verbleiben.