Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Fußstrecker, Kontraktur

Synonyme

Extensionskontraktur

Englischer Begriff

Dorsiflexion contracture

Definition

Aufgehobene Plantarflexionsfähigkeit des Fußes durch Verkürzung oder mangelndes Gleitverhalten der Fuß- und Zehenhebersehnen.

Pathogenese

Eine Verkürzung der Fuß- und Zehenheber kann auftreten, wenn das obere Sprunggelenk längerfristig in einer Dorsalextensionsstellung verbleibt. Dies kann auftreten, wenn das obere Sprunggelenk durch Erkrankungen des Gelenks oder Kapselschrumpfung keine Plantarflexion mehr zulässt oder wenn das obere Sprunggelenk langfristig in einer Dorsalextensionsstellung ruhiggestellt wurde. Narbige Adhäsionen der Fuß- und Zehenheber, die zu einem mangelnden Gleitverhalten der Sehne und Einschränkung der Plantarflexion führen, können nach Infektionen, Weichteilverletzungen, Verbrennungen oder sehnenchirurgischen Eingriffen entstehen. Seltene Ursache kann auch eine ischämische Muskelkontraktur der Fuß- und Zehenstrecker sein, die im Rahmen eines Kompartmentsyndroms auftreten kann.

Symptome

Der Fuß wird im oberen Sprunggelenk meist in einer dorsal extendierten Stellung gehalten. Eine Plantarflexion bzw. das Erreichen der Neutralstellung sind nicht möglich. Das Gangbild ist unharmonisch, insbesondere für das Treppabsteigen und das Bergabgehen.

Diagnostik

Der Fuß lässt sich im oberen Sprunggelenk aktiv und passiv nicht in die Plantarflexion überführen. Das Gangbild ist gekennzeichnet durch ein fehlendes Abrollen des Fußes, wobei insbesondere die Zehenabstoßphase fehlt.

Differenzialdiagnose

Arthrose des oberen Sprunggelenks, Schrumpfung der ventralen Sprunggelenkkapsel.

Therapie

Besteht die Verkürzung der Fuß- und Zehenstrecker erst über kurze Zeit, kann eine konservative Therapie (Physiotherapie) erfolgreich sein. Narbige Adhäsionen der Sehnen lassen sich nur operativ lösen.

Konservative/symptomatische Therapie

Kontrakturen der Fußstrecker, die auf eine längerfristige Immobilisation des oberen Sprunggelenks zurückgeführt werden können, lassen sich meist durch eine intensive Übungsbehandlung unter physiotherapeutischer Anleitung bessern. Voraussetzung hierfür ist, dass das obere Sprunggelenk diese Bewegungsexkursion zulässt und die Gleitfähigkeit der Sehnen nicht eingeschränkt ist.

Medikamentöse Therapie

Umschriebene narbige Adhäsionen können unterspritzt werden, um eine Trennung der einzelnen Gewebeschichten zu bewirken.

Operative Therapie

Ist die Kontraktur der Fußstrecker auf eine narbige Adhäsion der Sehnen zurückzuführen, ist eine operative Lösung der Sehnen in ihrem Gleitlager erforderlich. Ist das Gleitlager der Sehnen zerstört, muss es rekonstruiert werden, um eine ausreichende Exkursion der Sehne zu ermöglichen. Sind die Sehnen mit der Subkutis bzw. der Haut unmittelbar verwachsen, kann ein freier Gewebetransfer zur Weichteildeckung der Sehnen erforderlich werden. Alle operativen Eingriffe erfordern eine kontinuierliche Nachbehandlung (physiotherapeutische Therapie, Nachtlagerungsschienen, Bewegungsschienen), um das Gleitverhalten der Sehnen zu verbessern und neuerlichen narbigen Verwachsungen vorzubeugen.

Dauertherapie

Die regelmäßige Dehnungsbehandlung der Fuß- und Zehenstrecker ist sowohl bei einer rein konservativen Behandlung als auch nach den operativen Eingriffen über mehrere Monate erforderlich. Vorübergehend können auch entsprechende Lagerungsschienen erforderlich sein.

Bewertung

Die ausschließlich konservative Therapie einer Kontraktur der Fußstrecker ist nur selten ausreichend, um die Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk ausgleichen zu können. Der Erfolg operativer Eingriffe zur Lösung der narbigen Adhäsionen wird maßgeblich von der Art und Konsequenz der Nachbehandlung bestimmt.

Nachsorge

Der Erfolg einer konservativen Therapiemaßnahme muss langfristig bis zum Erreichen eines Endzustands fachärztlich kontrolliert werden. Zu diesem Zeitpunkt kann die Entscheidung getroffen werden, ob ein operatives Vorgehen erforderlich ist. Nach operativen Eingriffen muss vor allem in der unmittelbaren postoperativen Phase eine kurzfristige Befundkontrolle erfolgen. Wenn die erforderliche Übungsbehandlung schmerzbedingt nur eingeschränkt möglich ist oder die Compliance seitens des Patienten unzureichend ist, muss frühzeitig die Indikation zur kontinuierlichen Nervenblockade oder zu einer Mobilisation in Narkose gestellt werden.

Autor

Renée Fuhrmann