Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Kniegelenk, Arthroplastik, Endoprothese

Synonyme

Kniegelenkalloarthroplastik; Kniegelenkendoprothese; Oberflächenersatzprothese; Gleitflächenersatz

Englischer Begriff

Knee arthroplasty; Knee replacement; Knee resurfacing

Definition

Unter Alloarthoplastik des Kniegelenks versteht man den teilweisen oder kompletten Ersatz der Gelenkflächen und falls notwendig der ligamentären Stabilisatoren durch metallische- und Kunststoffimplantate. Unterschieden werden uni-, bi- und trikompartimentale ungekoppelte oder teilgekoppelte Oberflächenersatzprothesen sowie gekoppelte (achsengeführte) Totalendoprothesen.

Der Begriff Arthroplastik schließt zudem veraltete Verfahren ein, bei denen versucht wurde, mit Periost oder ähnlichen Gelenkflächen zu rekonstruieren.

Indikation

Indikation zum unikondylären Oberflächenersatz ist die auf ein Kompartiment beschränkte femorotibiale Arthrose, wenn gelenkerhaltende Maßnahmen nicht indiziert sind. Das andere Kompartiment sowie das Femoropatellargelenk sollten klinisch und radiologisch keine fortgeschrittenen Arthrosezeichen zeigen. Voraussetzung ist ein suffizienter Kapsel-Band-Apparat. Bei jüngeren Patienten muss alternativ eine Umstellungsosteotomie in Betracht gezogen werden.

Die Indikation zum bi- bzw. trikompartimentalen Oberflächenersatz besteht bei fortgeschrittener Gonarthrose, die mehr als ein Gelenkkompartiment betrifft und gelenkerhaltende Maßnahmen nicht angezeigt sind. Der Bandapparat muss stabil oder stabilisierbar sein. Beinachsenfehlstellungen können mit ungekoppelten Modellen bis etwa 25° varus bzw. 20° valgus ausgeglichen werden, teilgekoppelte Modelle können bei noch größeren Fehlstellungen implantiert werden.

Achsengeführte Totalendoprothesen haben heute nur noch einen eng umschriebenen Indikationsbereich. Hierzu zählen schwerste Gonarthrose mit insuffizientem und nicht rekonstruierbarem Bandapparat und hochgradigen Achsen- und Rotationsfehlstellungen, die Knierekonstruktion nach Resektion artikulärer oder kniegelenknaher Tumoren sowie die Versorgung von Patienten mit neurologischen Begleiterscheinungen (z.B. Morbus Parkinson).

Kontraindikation

Floride und chronische Kniegelenkinfektionen stellen eine Kontraindikation für jeden Gelenkersatz dar. Bei fehlendem Streckapparat oder neuropathisch bedingter Streckinsuffizienz kann ebenfalls kein Gelenkersatz implantiert werden.

Kontraindikationen zur Implantation einer monokondylären Oberflächenersatzprothese sind über das Initialstadium hinausgehende arthrotische Veränderungen anderer Kompartimente, Achsenfehlstellungen über 10–15° varus/valgus, Streckdefizite über 10° und Bandinsuffizienzen insbesondere auch des vorderen Kreuzbands. Osteoporose, starkes Übergewicht und rheumatoide Arthritis sind als relative Kontraindikationen zu werten.

Kontraindikationen zur Implantation einer bi-/trikompartimentalen Oberflächenersatzprothese sind ein insuffizienter und nicht rekonstruierbarer Bandapparat und hochgradige Achsen- und Rotationsfehlstellungen.

Durchführung

Vor jeder Endoprothesenimplantation muss eine sorgfältige klinische und radiologische Diagnostik erfolgen, um oben genannte Kontraindikationen nicht zu übersehen. Hierzu gehören neben den Standardprojektionen auch eine Ganzbeinstandaufnahme zur Beurteilung der Beinachse und der korrekten Planung der Operation.

Die Prothesenkomponenten werden entweder mit Zement am Knochen verankert oder man verwendet spezielle Oberflächenstrukturen und Beschichtungen, die ein Anwachsen des Knochens erlauben. Die Patellarückfläche kann lediglich der Trochlea der Prothese angepasst werden oder sie kann ebenfalls ersetzt werden.

Nachbehandlung

Postoperativ erfolgt die sofortige freie Mobilisation. Unterstützt werden kann dies durch passive kontinuierliche Mobilisation auf der Motorschiene. Bei muskulärer Kontrolle kann die volle Belastung erfolgen. Eine mehrwöchige Thromboseprophylaxe ist notwendig.

Autor

Matthias Kusma