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Elektroneurographie

Synonyme

ENG

Englischer Begriff

Electroneurography; Nerve conduction studies

Definition

Verfahren zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und Latenzzeiten peripherer Nerven mit elektrischer Stimulation.

Indikation

  1. Verdacht auf Läsion eines peripheren Nerven, genaue Lokalisation der Schädigung (einschließlich der Unterscheidung zwischen supra- und infraganglionären Schädigungen), Bestimmung der Art und Schwere einer Schädigung, Beurteilung von Regenerationsprozessen.

Durchführung

Es wird zwischen der Bestimmung der motorischen und sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit unterschieden. Bei der Messung der motorischen Nervenleitgeschwindigkeit wird der Nervenstamm an mindestens zwei Stellen mit einer Stimulationselektrode elektrisch gereizt. Die Reizung erfolgt mit dem zwei- bis dreifachem Schwellenwert (Stromstärke, bei der gerade eine Muskelzuckung sichtbar ist). Das Antwortpotential wird als Summenpotential von einem von dem gereizten Nerven innervierten Muskel abgeleitet. Hierzu werden meistens Oberflächenelektroden verwandt. Die indifferente Elektrode wird über dem Muskelansatz, die differente über der Endplattenzone positioniert. Nadelelektroden sind nur bei stark atrophischen Muskeln von Vorteil.

Die Nervenleitgeschwindigkeit berechnet sich nach folgender Formel: V = s / (t1 − t2).

Latenzzeiten werden von Beginn des Reizes bis zum steilen Abgang des Antwortpotentials von der Grundlinie gemessen. Die distale Latenzzeit ist ein Maß für die distale Nervenleitgeschwindigkeit, die als solche aufgrund der langsamen Erregungsleitung in den distalen Nervenendigungen und die neuromuskuläre Überleitung nicht korrekt bestimmbar ist. Die distalen Latenzen werden von fest gelegten Stimulationspunkten bestimmt.

Bei der Messung muss wegen der Temperaturabhängigkeit der Nervenleitgeschwindigkeit die Hauttemperatur kontrolliert werden und mindestens 34 Grad betragen.

Die Bestimmung der sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit erfolgt durch Stimulation des peripheren Nerven und durch Ableitung eines sensiblen Nervenaktionspotentials mit Oberflächen- oder Nadelelektroden. Da das sensible Nervenaktionspotential sehr klein ist, wird dieses durch Mittelung einer größeren Anzahl von Potentialen gewonnen, wodurch sich das Rausch-Signal-Verhältnis verbessert. Die sensible Nervenleitgeschwindigkeit kann am sensiblen und gemischten Nerven auf zwei verschiedene Methoden gemessen werden: orthodrom und antidrom.

Bei der orthodromen Messung erfolgt die Reizung distal des Ableitorts mit Ring- oder bipolaren Oberflächenelektroden. Bei der antidromen Messung wird proximal des Ableitorts stimuliert. Das sensible Nervenaktionspotential ist bei der antidromen Messmethode meist höheramplitudig. Bei einer Dissoziation der sensiblen und motorischen Leitgeschwindigkeit mit stärkerer Herabsetzung der sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit kann es durch volumengeleitete Muskelaktionspotentiale unmöglich werden, das sensible Nervenaktionspotential zu erkennen.

Es existieren Normwerttabellen für die Nervenleitgeschwindigkeiten, distalen Latenzzeiten, Amplituden der Muskelsummenaktionspotentiale und der sensiblen Nervenaktionspotentiale für die einzelnen Nerven. Die Normwerttabellen berücksichtigen die Größe des Individuums und das Alter. Die Beurteilung der Messergebnisse erfolgt unter Einbeziehung dieser Normwerttabellen.

Autor

Iris Reuter

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