Distorsion
Distorsion; Sprain
Reversible oder irreversible Schädigung von Bandstrukturen mit oder ohne Kontinuitätsunterbrechung, die zu einer Bandinsuffizienz und somit zur Instabilität führen kann.
Die Bandverletzung entsteht meist durch eine indirekte Krafteinwirkung. Je nach Schwere der Krafteinwirkung kommt es zu folgenden Verletzungen:
Es bestehen Druckschmerzen über der betroffenen Bandstruktur. Die Bewegung kann schmerzbedingt eingeschränkt sein. Daneben kommt es zu einer Schwellung und Hämatombildung. Bei höhergradigen Verletzungen kann es zusätzlich zur Instabilität zu einer intraartikulären Ergussbildung und zu einem Hämarthros kommen.
Nach Befragung des Patienten über Unfallmechanismus und subjektive Beschwerden sollte nach einer orientierenden körperlichen Untersuchung zunächst eine Fraktur radiologisch ausgeschlossen werden. Erst hiernach ist eine Überprüfung der Stabilität ratsam. Hierzu sind abhängig von der Lokalisation verschiedene klinische Tests beschrieben. Des Weiteren können gehaltene Röntgenaufnahmen, gegebenenfalls im Seitenvergleich, ein objektivierbares Ausmaß der Verletzung zeigen. Weiterhin steht mit der Kernspintomographie eine Methode zur Verfügung, mit der Bandstrukturen und Rupturen gut nachgewiesen werden können. Bei weiterhin unklaren Fällen kann eine diagnostische Arthroskopie indiziert sein.
Differentialdiagnostisch kommen alle anderen Gelenkverletzungen in Frage. Frakturen, auch Ausrissfrakturen, müssen radiologisch ausgeschlossen werden. Im Rahmen des Unfallereignisses kann es zusätzlich zur Schädigung von anderen intraartikulären Strukturen wie Menisci oder Gelenkknorpel kommen. Dies lässt sich kernspintomographisch nachweisen. Weiterhin muss an (Sub-)Luxationen z. B. der Patella gedacht werden. Bei hartnäckigen Beschwerden ist auch nach unauffälliger Kernspintomographie eine diagnostische Arthroskopie zum Ausschluss weiterer Verletzungen indiziert.
Die Akuttherapie richtet sich nach Lokalisation und Schweregrad der Verletzung. Zunächst steht die Entlastung der betroffenen Extremität sowie bei erheblichen Beschwerden die kurzfristige Ruhigstellung im Vordergrund. Zusätzlich kommen abschwellende Maßnahmen wie Hochlagerung, Kühlung und antiphlogistische Medikation zur Anwendung.
Bei Distorsionen von Grad I und II wird eine konservative frühfunktionelle Behandlung angestrebt. Je nach Lokalisation der Verletzung ist eine Reihe von speziellen Orthesen verfügbar. Alternativ können Tape-Verbände angewendet werden. Falls keine weiteren Verletzungen vorliegen, kann eine schmerzadaptierte Belastung erfolgen. Die bereits bei der Akuttherapie begonnenen abschwellenden Maßnahmen werden fortgesetzt. Die Orthesenbehandlung wird, je nach Schweregrad, für vier bis sechs Wochen durchgeführt. Begleitend kann eine physiotherapeutische Behandlung mit Training der Propriozeption sinnvoll sein.
Die medikamentöse Behandlung besteht in erster Linie aus einer antiphlogistischen Mediaktion mit NSAR. Eine lokale Salbenbehandlung, beispielsweise mit Diclofenac, ist ebenfalls sinnvoll.
Bei Grad-III-Verletzungen und bei Verletzungen, bei denen eine konservative Behandlung keine befriedigenden Ergebnisse erzielt, besteht die Indikation zur operativen Versorgung. Zwei Prinzipien werden hierbei unterschieden: die primäre Bandnaht (z. B. bei talofibularer Bandruptur) und die sekundäre Bandplastik (z. B. VKB-Plastik). Eine operative Behandlung kann zudem bei veralteter Bandruptur mit Bandinsuffizienz oder nach erfolgloser konservativer Behandlung indiziert sein.
Bei rezidivierenden Distorsionsereignissen aufgrund einer Hyperlaxizität ist insbesondere die physiotherapeutische Behandlung mit Training der Propriozeption wichtig. Zudem können beispielsweise vor sportlicher Aktivität Verbände mit stabilem Klebepflaster (Tape-Verbände) angelegt werden, die neben einer stabilisierenden Funktion zusätzlich die Propriozeption verstärken sollen.
Siehe Dauertherapie.
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