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Patella, Luxation

Synonyme

Verrenkung der Kniescheibe

Englischer Begriff

Dislocation of the patella

Definition

Einmalige oder rezidivierende vollständige Verrenkung der Patella.

Pathogenese

Die laterale Patellaluxation kann traumatisch oder habituell (ohne auslösendes Unfallereignis) auftreten, wobei echte traumatische Patellaluxationen seltener sind. Verschiedene Formabweichungen begünstigen die Patellaluxation:

  • Kniescheibenhochstand (Patella alta),
  • Dysplasie des patellofemoralen Gleitlagers und der Patella,
  • Genu valgum,
  • Innenrotationsfehlstellung (z. B. durch verstärkte Antetorsion des Schenkelhalses),
  • vergrößerter Q-Winkel (siehe dort),
  • straffe laterale und laxe mediale Retinakula.

Durch Verletzungen des medialen Retinakulums und des medialen patellofemoralen Ligaments (MPFL) nach traumatischer Luxation kann es zu posttraumatischen chronisch-rezidivierenden Patellaluxationen kommen. Angeborene Patellaluxationen können bei stark hypoplastischer Patella und häufig konvexem Gleitlager bestehen. Mediale Patellaluxationen wurden nach Überkorrekturen nach operativen Gleitwegkorrekturen beschrieben.

Symptome

Die persistierende Patellaluxation ist leicht an der veränderten Kniegelenkkontur und der schmerzhaften Kniesteife zu diagnostizieren. Allerdings kommt es meist zur spontanen Reposition, so dass der Anamnese ein großer Stellenwert zukommt: plötzliches Wegknicken oder Fallen bei Drehbewegungen mit Valgusstellung bzw. ein direktes Anpralltrauma.

Diagnostik

Klinische Untersuchung: Bei der akuten Luxation bestehen meist Druckschmerzen über dem medialen Retinakulum. Ein Gelenkerguss sollte abpunktiert werden. Ein Hämarthros mit Fettaugen spricht für das Vorliegen einer osteochondralen Läsion. Bei habituellen Luxationen ist die Schmerzsymptomatik weniger stark ausgeprägt. Bei passivem Verschieben der Patella nach lateral reagiert der Patient mit einer Abwehrspannung (Apprehension Test). Eine im Seitenvergleich vermehrte passive Verschieblichkeit nach lateral kann Folge einer Laxität des medialen Retinakulums sein, eine verminderte Verschieblichkeit nach medial Zeichen eines straffen lateralen Retinakulums.

Röntgendiagnostik: Tangentialaufnahme und Défiléaufnahmen in 30°-, 60°- und 90°-Kniebeugung dienen der Erfassung zusätzlicher Verletzungen und Befunde (osteochondrale Flake-Frakturen, freie Gelenkkörper, Dysplasien, arthrotische Veränderungen).

Kernspintomographie: In der Kernspintomographie können rein chondrale Läsionen dargestellt werden. Ein unauffälliges Magnetresonanztomogramm schließt jedoch eine chondrale Läsion keinesfalls sicher aus, so dass im Zweifelsfall eine diagnostische Arthroskopie erfolgen sollte. Begleitverletzungen wie Knochenödeme können gut dargestellt werden. Verletzungen des medialen Retinakulums lassen sich ebenfalls gut abbilden. Bei unklaren Befunden hilft die Kernspintomographie, andere Verletzungen wie Meniskus- oder Bandläsionen auszuschließen.

Differenzialdiagnose

Differentialdiagnostisch muss an andere Verletzungen gedacht werden, die bei Verdrehereignissen (Meniskusverletzungen, Bandläsionen) oder direkten Krafteinwirkungen (Frakturen, Bandläsionen, Knorpelverletzungen) auftreten können.

Therapie

Akuttherapie

Besteht weiterhin die Luxationsposition, muss eine rasche schonende Reposition bei gestrecktem oder überstrecktem Gelenk und entspannter Muskulatur nach Schmerzbehandlung erfolgen, um Knorpelverletzungen zu vermeiden. Anschließend erfolgt die Ruhigstellung in einem abnehmbaren Tutor oder einer entsprechenden Orthese für ein bis zwei Wochen.

Konservative/symptomatische Therapie

Können Begleitverletzungen ausgeschlossen werden, erfolgt hiernach die krankengymnastische Übungsbehandlung, zunächst mit passiver Mobilisation, dann zunehmend mit aktiven Übungen zur Kräftigung der Oberschenkelmuskulatur, insbesondere des M. vastus medialis obliquus.

Medikamentöse Therapie

Während der Ruhigstellungsphase und solange keine Vollbelastung möglich ist erfolgt eine Thromboseprophylaxe. Nicht-steroidale Antirheumatika sorgen für eine Beschwerdelinderung und haben zudem abschwellende Wirkung.

Operative Therapie

Kann eine Knorpelverletzung nicht sicher ausgeschlossen werden, sollte frühzeitig eine Arthroskopie zur genauen Beurteilung der Knorpeloberflächen erfolgen. Hier lassen sich auch Verletzungen des medialen Retinakulums erkennen. Gleichzeitig kann eine Behandlung der Knorpelschäden erfolgen. Bei massiven Zerreißungen des medialen Retinakulums kann eine Naht sinnvoll sein.

Die operative Therapie chronischer Instabilitäten muss dem individuellen Schweregrad und den einzelnen luxationsfördernden Komponenten (siehe oben) angepasst sein. Operationen zur Zentrierung des Patellagleitverhaltens können in rein weichteilige (Operation nach Insall, Operation nach Ali-Krogius, Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Ligaments) und in knöcherne Tuberositasversetzungen unterteilt werden. Die Tuberositasversetzung erfolgt nach medial bzw. nach medial-distal, wenn gleichzeitig ein Patellahochstand vorliegt. Hierzu wurden verschiedene Techniken beschrieben. Bei Kindern mit offenen Wachstumsfugen verbietet sich ein knöchernern Eingriff an der Tuberositas.

Dauertherapie

Nach akuter Luxation kommt es in 10–50 % der Fälle zu Reluxationen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer längerfristigen physiotherapeutischen Behandlung mit dem Ziel, durch Kräftigung des M. vastus medialis obliquus eine Zentrierung der Patella zu erreichen. Verbände mit stabilem Pflaster (Tape-Verbände) mit Zügelung der Patella nach medial können die Propriozeption verbessern.

Nachsorge

Alle Operationen sollten ein so stabiles Resultat gewährleisten, dass eine möglichst frühe funktionelle Nachbehandlung erfolgen kann. Postoperativ sollte eine passive Lagerung auf Beugeschienen erfolgen. Aktive Übungen sollten nach ausreichender Heilung nach etwa sechs Wochen erfolgen.

Autor

Matthias Kusma

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