Spitzfuß; Hängefuß
Drop foot
Spitzfuß: Fußfehlstellung mit Plantarflexion des Fußes, die sich in Kniestreckung nicht bis zur Neutralstellung überführen lässt.
Hängefuß: Fußfehlstellung mit Plantarflexion des Fußes, die sich passiv bis zur Neutralstellung überführen lässt.
Als angeborene Deformität ist der Spitzfuß eine seltene Erkrankung und kommt meist zusammen mit neurologischen Grunderkrankungen, Fehlbildungssyndromen oder generalisierten Skelettmissbildungen vor.
Ein erworbener Spitzfuß ist meist mit neurologischen Erkrankungen (z. B. Zerebralparese, Apoplex, Druckschädigung des N. peronaeus, Polyneuropathien) assoziiert. Verkürzungen der Wadenmuskulatur durch Schonhaltung oder einseitige Verkürzung der unteren Extremität können jedoch ebenso wie Weichteilschädigungen (z. B. Kontrakturen nach Verbrennung oder ischämische Kontrakturen), Infektionen (z. B. Poliomyelitis) oder primäre Muskelerkrankungen zum Pes equinus führen.
Die Patienten beklagen hauptsächlich das gestörte Gangbild und demonstrieren ein unterschiedlich geprägtes Hinken, das diagnostisch hinweisend sein kann. Mittel- und langfristig können überlastungsbedingte Beschwerden im Vor- und Mittelfuß auftreten.
Der kontrakte Pes equinus ist gekennzeichnet durch eine unterschiedlich starke Plantarflexion des Fußes, die sich auch in Kniebeugestellung nicht redressieren lässt. Liegt eine muskuläre Verkürzung zugrunde, so kann der plantarflektierte Fuß bei Entspannung der ischiokruralen Muskulatur in Kniebeugung bis zur Neutralstellung überführt werden. Der Hängefuß ist durch eine flexible Fehlstellung charakterisiert, die sich unabhängig von der Kniestellung in die Neutralposition redressieren lässt.
Bei einem kontrakten Spitzfuß ist die betroffene Extremität funktionell verlängert, so dass das Bein in der Schwungphase zirkumduziert oder verstärkt im Knie gebeugt wird. Die Belastung erfolgt ausschließlich im Vorfußbereich. Patienten mit einem Hängefuß schwingen den Fuß unter vermehrter Kniebeugung durch und setzen ihn dann im Vorfußbereich auf, ehe die plantigrade Fußbelastung erreicht wird.
Schmerzbedingte Fehlhaltung des Fußes.
In Abhängigkeit von der Ätiologie und dem Ausmaß der Fußfehlstellung können konservative oder operative Methoden indiziert sein.
Ein flexibler, neurogen determinierter Spitzfuß kann in Abhängigkeit von seiner Ausprägung orthetisch versorgt werden (Redressionsstrumpf, Heidelberger Winkel, Peronaeusfeder). Kontrakte Fehlstellungen können je nach Ausmaß mit einer Absatzerhöhung, orthopädischem Schuhwerk oder einer Innenschuhorthese ausgeglichen werden.
Kinder und Jugendliche mit spastischem Pes equinus profitieren von einer konsequenten Übungsbehandlung auf neurophysiologischer Grundlage, orthopädischem Maßschuhwerk und Nachtlagerungsschienen.
Teilkontrakte posttraumatische Spitzfußdeformitäten des Erwachsenen können, wenn sie durch eine Verkürzung der Wadenmuskulatur bedingt sind, oft durch Physiotherapie und konsequente Orthesenbehandlung gebessert werden.
Im Einzelfall kann bei spastischem Pes equinus die gezielte Injektion von Botulinustoxin zu einer vorübergehenden Reduktion des Muskeltonus führen.
Die Achillessehnenverlängerung ist geeignet, eine funktionell verkürzte Wadenmuskulatur zu verlängern. Grundsätzlich und vor allem bei Spastikern sollte die Achillessehne zurückhaltend verlängert werden, da eine Überkorrektur zur Gehunfähigkeit führen kann.
Kontrakte Pes-equinus-Deformitäten erfordern ein stufenweises Vorgehen, das neben der Achillessehnenverlängerung in einem posterioren Kapselrelease im oberen Sprunggelenk und Subtalargelenk, in einer Veränderung oder Tenotomie der Zehenbeuger und der Sehne des M. tibialis posterior bestehen kann.
Neurogene flexible Spitzfußfehlstellungen können durch einen Transfer der Sehne des M. tibialis posterior durch die Membrana interossea gebessert werden. Kontrakte Spitzfußstellungen über 20° erfordern meist knöcherne Eingriffe, die als Arthrodesen im Rückfuß oder der Fußwurzel ausgeführt werden.
Die erwähnten konservativen Therapiemaßnahmen entsprechen einer Dauertherapie. Auch nach zahlreichen operativen Maßnahmen ist eine dauerhafte Bettung des Fußes in orthopädischem Schuhwerk nur selten zu umgehen.
Eine konsequente physiotherapeutische Therapie in Kombination mit einer geeigneten orthetischen Versorgung kann zu einer dauerhaften Verbesserung des Spitzfußes führen. Die operativen Weichteileingriffe sind vor allem beim erworbenen Pes equinus des Erwachsenen oft nicht ausreichend, so dass hier bei bis zu einem Viertel der Betroffenen mit Rezidiven zu rechnen ist.
Wenn durch die gewählten therapeutischen Maßnahmen keine vollständige Korrektur der Fußfehlstellung erreicht werden konnte, ist eine dauerhafte individuell angepasste orthopädische Schuhversorgung erforderlich.
Kinder mit einer spastischen Spitzfußdeformität sollten kurzfristig fachärztlich kontrolliert werden, um den Verlauf zu beurteilen und zeitgerecht Maßnahmen einzuleiten, die geeignet sind, die Gehfähigkeit zu erhalten.
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