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Nackenschmerz

Synonyme

Blockierung; Zervikalgien; Zervikozephalgien; Zervikobrachialgien; Zervikaler Bandscheibenprolaps; HWS-Distorsion; Akzelerationstrauma; HWS-Fraktur

Englischer Begriff

Neck pain

Definition

Schmerzen im Halswirbelsäule-Schulter-Nacken-Bereich, fakultativ Schmerzausstrahlung zum Hinterkopf helmartig bis zur Schläfenregion (Zervikozephalgien), radikulär oder pseudoradikulär in die Arme bis zu den Fingern (Zervikobrachialgien) oder zur Brustwirbelsäule. Häufig wird eine begleitende vegetative Symptomatik (Schwindel, Übelkeit, Tinnitus, nicht-radikuläre, transiente Kribbelparästhesien) beobachtet. Sensible bzw. motorische Defizite, Reflexdifferenzen, Pyramidenbahnzeichen oder Veränderungen des Muskeltonus deuten auf eine Mitbeteiligung des zentralen oder peripheren Nervensystems hin. Bei Meningismus oder Ophistotonus müssen unverzüglich eine Meningitis bzw. intrakranielle Blutung ausgeschlossen werden.

Vorkommen

Blockierungen im Bereich der Hals- oder der oberen Brustwirbelsäule, Haltungsinsuffizienz (thorakale Hyperkyphosierung, Schulterprotraktion, zervikale Hyperlordose), Muskeldysbalancen (Verkürzung des M. pectoralis, Insuffizienz und Schwäche des M. trapezius und der Mm. rhomboidei), degenerative Halswirbelsäulenveränderungen (Osteochondrosen, Retrospondylosen, Spondylarthrosen, Stenosierung der Foramina intervertebralia), degenerative Spinalkanalstenosen, zervikaler Bandscheibenprolaps, traumatische Läsionen (z. B. Halswirbelsäulendistorsionen bei Akzelerationsverletzungen, Frakturen), entzündlich-rheumatische Erkrankungen (atlantoaxiale Instabilität, Polymyalgia rheumatica), knöcherne Deformierungen (z. B. Klippel-Feil-Syndrom).

Diagnostik

Klinische Untersuchung, Röntgennativaufnahmen (in vier Ebenen), Funktionsaufnahmen (maximale Re- und Inklination), Computertomographie (bei Verdacht auf Fraktur), Magnetresonanztomographie, Szintigraphie, Labordiagnostik (Entzündungswerte, Rheumaserologie, Tumormarker), neurologische Untersuchung, Lumbalpunktion, Muskelbiopsie.

Differenzialdiagnose

Sehstörungen, Migräne, Erkrankungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich (z. B. parapharyngealer Abszess), pulmonale Erkrankungen (z. B. Pneumothorax, Bronchopneumonie, kleinzelliges Bronchialkarzinom), Infektionen (z. B. Meningitis, Meningoenzephalitis), Gefäßerkrankungen (z. B. Basilarisinsuffizienz, intrakranielle Blutung, vor allem Subarachnoidalblutung, Sinusthrombose), intrakranielle und zervikale Neoplasien (z. B. Hirn- oder Knochentumore, Morbus Paget, Plasmozytom, Leukosen, Metastasen), Muskelerkrankungen (Myositis, Muskeldystrophie), Rückenmarksfehlbildungen (z. B. Syringomyelie).

Therapie

Je nach Ursache konservative oder operative Therapie.

Akuttherapie

Bei Vorliegen einer Blockierung chirotherapeutische Deblockierung.

Analgetische Infusion, Schanz-Krawatte, gegebenenfalls Zervikalstütze (stiff-neck).

Konservative/symptomatische Therapie

Physiotherapie, manuelle Extensionen, Schlingentischbehandlung, Muskeldetonisierung (Wärme, Elektrotherapie).

Lokale Infiltrationsbehandlung mit Lokalanästhetika: Quaddelung, Trigger- oder Tenderpunkte, intramuskuläre Schmerzpunkte. Bildwandler- oder Computertomographie-gesteuerte Infiltrationen mit Kortikoidzusatz: Facettengelenke, Epi-/Periduralraum.

Medikamentöse Therapie

NSAID, niedrig potente Opioide, kurzfristig Muskelrelaxantien.

Bei fortgeschrittenem Schmerzsyndrom Opiate kombiniert mit Antidepressiva oder Antikonvulsiva zur Schmerzmodulation.

Operative Therapie

Prinzip jedes operativen Eingriffs im Halswirbelsäulenbereich ist die (Wieder-)Herstellung einer segmentalen Stabilität und (falls erforderlich) die Dekompression neuronaler Strukturen. Der Zugang erfolgt in der Regel von ventral. Sensomotorische Defizite oder nicht beherrschbare Schmerzen stellen die Indikation für eine Bandscheibenausräumung bzw. Dekompression des Spinalkanals dar. Für die Spondylodese stehen mehrere Verfahren zur Verfügung: trikortikaler Beckenkammspan, Palacos-Interponat oder Titan-Cages. Instabile Frakturen oder Luxationen erfordern zusätzlich eine Versorgung mit konventionellen oder winkelstabilen Platten bzw. einem Fixateur interne. Densfrakturen können mit einer Schraubenosteosynthese durch einen transpharyngealen Zugang stabilisiert werden. Die atlantoaxiale Instabilität ist keine seltene Komplikation entzündlich-rheumatischer Erkrankungen. Bei Progredienz oder neurologischer Symptomatik (z. B. positives Lhermitte-Zeichen) besteht die Indikation für eine operative Stabilisierung mit winkelstabilen Schrauben-Stab-Implantaten (Kombination von Platten und Fixateur interne). Drahtcerclagen (nach Brattström) oder einfache Schraubenosteosynthesen sollten aufgrund der hohen Pseudarthroserate nicht mehr verwendet werden.

Dauertherapie

Rückenschule, Physiotherapie, auch in Eigeninitiative des Patienten, Schmerztherapie. Bei entzündlich-rheumatischer Grunderkrankung sind neben der Physiotherapie eine gute Einstellung und Steuerung der Basismedikation erforderlich.

Bewertung

Gute Prognose – adäquate konservative Therapie vorausgesetzt – bei Blockierungen, muskulären Dysbalancen und degenerativen Veränderungen. Nach Diskektomie oder operativer Erweiterung des Spinalkanals tritt in den meisten Fällen zunächst eine Besserung ein. Langfristig entwickeln sich jedoch häufig wieder Beschwerden durch die Mehrbelastung der Nachbarsegmente. Die Prognose traumatischer Läsionen ist abhängig vom Verletzungsmuster. Bei entzündlich-rheumatischer Ätiologie richtet sich der Verlauf nach der Schwere und Progredienz der Grunderkrankung.

Nachsorge

Klinische Kontrolle, Laborkontrollen, bildgebende Verfahren.

Autor

Rolf Haaker, Michael Kamp

Email: r.haaker@khwe.de
http://www.khwe.de
https://www.klinik-bewertungen.de.../erfahrung-mit-st-vincenz-hospital-brakel
Prof. Dr. R. Haaker
CA der Klinik für Orthopädie,
Rheumatologie, Traumatologie
Schwerpunkte: Primär- und Wechselendoprothetik,aller großen Gelenke; Fuß-, Kinder-, Rheumaorthopädie
Sportverletzungen, Wirbelsäulenerkrankungen

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