Ulna-Minusvariante; Minusvariante der Elle
Ulnar length deficiency
Verkürzung der Ulna gegenüber dem Radius.
Der Minusvariante der Ulna kommt primär keine pathologische Bedeutung zu. Hulten hat 1928 erstmals den Zusammenhang einer Minusvariante der Ulna zur Nekrose des Os lunatum formuliert, die bis zum heutigen Tag Gültigkeit hat. Angenommen wird, das das Os lunatum bei der relativ verkürzten Ulna einer vermehrten Belastung an der ulnaren Radiuskante ausgesetzt ist und es so zu einer chronischen Mikrotraumatisierung kommt.
Die Minusvariante der Ulna verursacht keine Beschwerden.
Die Minusvariante der Ulna kann röntgenologisch erfasst werden. Hierzu müssen standardisierte Röntgenaufnahmen angefertigt werden, bei denen die Schulter 90° abduziert, der Ellbogen 90° gebeugt und die Hand in Neutralrotation gelagert werden. Nur in dieser Technik ist das korrekte Längenverhältnis von Radius und Ulna zu bestimmen.
Posttraumatische Deformität nach Ulnafraktur, Folge einer Verletzung oder Infektion der Ulnaepiphyse.
Eine Indikation zur operativen Bilanzierung des Längenverhältnisses zwischen Radius und Ulna besteht bei Vorliegen einer Lunatumnekrose Stadium I und II nach Decoulx und fehlenden degenerativen Veränderungen im Radiokarpalgelenk. Es gilt als erwiesen, dass bereits ein geringe Verkürzung des Radius um 2–3 mm ausreichend ist, um die mechanische Belastung des Os lunatum signifikant zu reduzieren.
Die Indikation zur Verlängerung der Ulna wird aufgrund der technischen Schwierigkeit mit einer relativ hohen Gefahr der Pseudarthrosenentstehung und der ungünstigen Auswirkungen auf den ulnokarpalen Komplex nur selten gestellt. Möglich ist die Verlängerung der Ulna im distalen Drittel durch Interposition eines kortikospongiösen Knochensegments nach Schaftosteotomie oder durch Anlegen einer Z-förmigen Osteotomie mit peripherer Verschiebung des distalen Fragments. In beiden Fällen ist eine Plattenosteosynthese erforderlich.
Häufiger wird die Indikation zur Radiusverkürzungsosteotomie gestellt. Der Radius wird bevorzugt über einen palmaren Zugang dargestellt. Anschließend kann ein Fragment der zuvor radiologisch bestimmten Breite aus dem metaphysären Anteil entfernt werden. Die Stabilisation erfolgt mit einer palmaren Radiusplatte.
Die Niveauoperationen am distalen Unterarm bewirken mechanisch eine Entlastung des Os lunatum, die vergleichbar ist mit dem Effekt, der durch eine Arthrodese zwischen Os scaphoideum, Os trapezium und Os trapezoideum zu erreichen ist. Inwieweit durch diese operativen Maßnahmen allerdings eine signifikante Beeinflussung der Nekrose des Os lunatum möglich ist, wird kontrovers beurteilt.
Nach den Osteotomien ist eine Immobilisation der Hand und des Unterarms über mehrere Wochen (vier bis sechs Wochen) erforderlich. Eine physiotherapeutische Nachbehandlung ist sinnvoll.
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