Angeborene Handfehlbildung
Congenital hand deformity
Angeborene morphologische Störung der Hand.
Exogen induzierte Fehlbildungen der Hand sind das Resultat äußerer Einflüsse, die meist in der Phase der Embryogenese wirksam waren (z. B. Virusinfektion, Thalidomidmedikation). Genetisch bedingte Ursachen sind wesentlich häufiger anzutreffen (z. B. Brachydaktylie bei Trisomie 21).
Handfehlbildungen können klinisch nahezu unauffällig sein (z. B. Hypoplasie des Daumens, Klinodaktylie) und die Funktion kaum beeinträchtigen. Andererseits kann die Handfunktion bei Defektbildungen (z. B. fötale Amputationen) völlig aufgehoben sein.
Die klinische Diagnostik umfasst neben dem morphologischen Erscheinungsbild der Fehlbildung die genaue Untersuchung der vorhandenen Handelemente, deren aktive und passive Gelenkbeweglichkeit, die Gelenkstabilität und die Achsenausrichtung. Zur Klassifikation, die sich neben dem morphologischen Erscheinungsbild auch auf den Röntgenbefund bezieht, stehen verschiedene systematische Einteilungen zur Verfügung, von denen die Einteilung nach Swanson große Verbreitung erlangt hat. Sie unterscheidet ein Fehlen von Teilen (I), eine fehlerhafte oder ausbleibende Differenzierung (II), Doppelbildungen (III), Überentwicklungen (IV), Unterentwicklungen (V), Schnürringkomplexe (VI) und generalisierte Skelettdeformitäten.
Die klinische Beurteilung der Handfehlbildung ist eine deskriptive Befundbeschreibung, so dass immer differentialdiagnostische Erwägungen entsprechend ihrer Klassifizierung und der Zugehörigkeit zu Systemerkrankungen durchzuführen sind.
Die Therapie einer Handfehlbildung richtet sich nach der Deformität und kann in lokalen Behandlungsmaßnahmen (Bandagen, Orthesen, Ergotherapie) oder operativen Eingriffen in unterschiedlichem Alter des Kindes bestehen. Grundsätzlich sollte die operative Therapie nach heutiger Lehrmeinung frühzeitig erfolgen, um die frühkindliche Adaptation an die veränderte Handmorphologie auszunutzen.
Schnürringsyndrome stellen unmittelbar nach der Geburt eine Indikation zum operativen Vorgehen dar.
Konservative Therapiemaßnahmen können in einer frühzeitigen statischen oder dynamischen Orthesenbehandlung (z. B. bei Klumphand) oder gezielten kindgerechten ergotherapeutischen Übungsbehandlungen zur Gebrauchsschulung der Hand bestehen. Auch eine prothetische Versorgung kann bereits zum Ende des ersten Lebensjahres durchgeführt werden.
Die operativen Therapiemaßnahmen beinhalten die gesamte Palette des handchirurgischen Operationsrepertoires. Sie können in Weichteilkorrekturen (z. B. Syndaktylietrennung), Osteotomien (z. B. Spalthand) oder Transpositionen von Fingern (z. B. Daumenhypoplasie) bestehen.
Selbständige Übungsbehandlungen und Nachtlagerungsschienen sind bei vielen Handfehlbildungen zumindest bis zum Abschluss des Wachstums erforderlich.
Je nach Art der Fehlbildung kann durch die unterschiedlichen operativen Maßnahmen eine deutliche Verbesserung der Greiffunktion erreicht werden.
Die Behandlung angeborener Handfehlbildungen setzt eine kontinuierliche fachärztliche Kontrolle des Handbefunds bis zum Abschluss des Wachstums voraus. Mehrfache operative Eingriffe oder sekundäre Korrekturmaßnahmen sind häufig erforderlich und müssen von einem entsprechend erfahrenen Facharzt indiziert werden.
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