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Luxation, perilunäre

Synonyme

Perilunäre Verrenkung; Luxatio perilunaris dorsalis manus

Englischer Begriff

Dorsal perilunate dislocation

Definition

Traumatisch verursachte dorsale Luxation (sehr selten palmar) der Handwurzel gegenüber dem Os lunatum.

Pathogenese

Die perilunäre Luxation entsteht meist beim Sturz auf die nach vorn ausgestreckte und ulnarduzierte Hand, seltener auf die palmarflektierte Hand. Es kommt zur dorsalen Luxation der Handwurzel gegenüber dem Os lunatum. Initial soll eine palmare Bandzerreißung zwischen dem Os lunatum und dem Os capitatum auftreten, ehe das Os lunatum und der Radius nach palmar disloziert werden und dabei auch der dorsale Bandapparat zwischen Os lunatum und Radius zerreißt.

Symptome

Die verletzte Hand zeigt eine erhebliche Schwellung mit einer schmerzhaft eingeschränkten oder aufgehobenen Beweglichkeit im Handgelenk. Auch die Streckung der Langfinger kann behindert sein. Sensibilitätsstörungen im Versorgungsgebiet des N. medianus sind möglich.

Diagnostik

Die klinische Untersuchung ist durch die posttraumatische Schmerzhaftigkeit eingeschränkt. Palmarseitig besteht oft eine erhebliche Druckschmerzhaftigkeit. Die aktive und passive Beweglichkeit sind früh schmerzhaft aufgehoben. Es können Parästhesien der Palmarseite des Daumens bis zur Radialseite des Ringfingers vorhanden sein.

Röntgenologisch ist die Verletzung in der seitlichen Projektion durch die palmare Verlagerung des Os lunatum zu erkennen. Im Zweifelsfall kann ein Computertomogramm weitere Aufschlüsse geben. In der posteroanterioren röntgenologischen Darstellung projiziert sich das Os lunatum als dreieckige Struktur. Das Ausmaß der Luxation kann ebenso wie die Rotation des Os lunatum unterschiedlich sein. Begleitende Frakturen der Handwurzel, besonders des Os scaphoideum (transskaphoideoperilunäre Luxation, de Quervain-Verrenkungsbruch) sind häufig.

Differenzialdiagnose

Isolierte palmare Luxation des Os lunatum.

Therapie

Die Therapie der perilunären Luxation besteht in der sofortigen Reposition. In Abhängigkeit von der Rotation des Os lunatum ist eine geschlossene Reposition möglich, ansonsten muss die operative Revision durchgeführt werden. Eine weitere Indikation zur operativen Therapie stellt eine begleitende Fraktur des Os scaphoideum bzw. eine Rotationsinstabilität des Kahnbeins dar.

Akuttherapie

Die geschlossene oder offene Reposition sollte unmittelbar nach der Stellung der Diagnose erfolgen.

Konservative/symptomatische Therapie

Frische Verletzungen ohne wesentliche Rotation des Os lunatum können oft konservativ unter Regional- oder Allgemeinanästhesie reponiert werden. Nach kontinuierlicher Distraktion des Handgelenks kann die Reposition des Os lunatum durch einen manuellen von palmar nach dorsal gerichteten leichten Druck herbeigeführt werden. Rotationsfehlstellungen des Os lunatum lassen sich auch durch gegenläufige passive Bewegungen der Hand (Palmarflexion, Pronation) meist nicht reponieren, so dass die operative Therapie indiziert ist. Oft werden nach der geschlossenen Reposition Kirschner-Drähte in die Handwurzel eingebracht, die das Repositionsergebnis temporär stabilisieren sollen.

Nach erfolgter Reposition muss fluoroskopisch ausgeschlossen werden, dass eine begleitende Rotationsinstabilität des Kahnbeins vorliegt. In diesem Fall ist eine operative Rekonstruktion indiziert.

Operative Therapie

Rotationsfehlstellungen des Os lunatum ermöglichen meist keine geschlossene Reposition, so dass eine operative Revision durchgeführt werden muss. Je nach Befundkonstellation ist das Anlegen eines dorsalen und/oder palmaren Zugangs erforderlich. Nach der Reposition des Os lunatum wird der rupturierte Bandapparat rekonstruiert. Eine temporäre Kirschner-Draht-Fixation kann im Einzelfall sinnvoll sein. Die begleitenden Frakturen werden ebenfalls stabilisiert.

Bewertung

Die perilunäre Luxation stellt eine schwere Verletzung der Handwurzel dar und heilt selten ohne Funktionseinschränkung aus.

Nachsorge

Nach erfolgter geschlossener Reposition wird die Hand in einer Unterarmgipsschiene über drei bis vier Wochen immobilisiert. Nach der operativen Therapie ist eine Immobilisation im zirkulären Unterarmgipsverband, gegebenenfalls mit Einschluss des ersten Strahls, über etwa sechs Wochen erforderlich. Anschließend sind physiotherapeutische Behandlungen indiziert. Eine uneingeschränkte Belastbarkeit der Hand ist nicht vor Abschluss der zwölften Woche erreicht.

Autor

Renée Fuhrmann

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