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Doppeldaumen

Synonyme

Doppelanlage des Daumens; Radiale Polydaktylie

Englischer Begriff

Thumb duplication; Polydactyly of the thumb

Definition

Ein- oder beidseitig ausgebildete Doppelanlage des Daumens.

Vorkommen

Die Häufigkeit der Ausbildung einer Daumendoppelanlage wird bei Weißen mit 1 : 3000 angenommen und ist in 40 % der Fälle beidseitig ausgebildet. Die Deformität kann als isolierte Fehlanlage oder im Rahmen eines Missbildungssyndroms vorkommen. Sie ist die häufigste angeborene Fehlbildung an der Hand.

Diagnostik

Die Ausprägungsform der Doppelanlage des Daumens kann sich klinisch unterschiedlich präsentieren und reicht von einer dezenten Verbreiterung der Endphalanx bis zur vollständigen Doppelung des ersten Handstrahls (Abb. 1). Die klinische Untersuchung ist bei Neugeborenen schwierig, so dass es bei nahezu gleichgroßer Ausbildung beider Daumen oft nicht möglich ist, den anatomisch und funktionell besseren Daumen zu ide.jpgizieren.

Röntgenologisch können verschiedene Typen klassifiziert werden (z. B. Wassel-Klassifikation). Von distal nach proximal werden eine Dopplung des Endglieds, der Grundphalanx, des ersten Mittelhandknochens und des Os trapezium unterschieden. Weiterhin wird der dreigliedrige Daumen erfasst.


Abb. 1.
Doppelanlage des Daumens

Therapie

Die operative Therapie des Doppeldaumens sollte im Vorschulalter erfolgen.

Operative Therapie

Die operative Behandlung muss befundadaptiert durchgeführt werden. Die knöchernen Eingriffe können aus einer Verschmälerung oder dem Abtragen der betreffenden Phalanx oder des ersten Mittelhandknochens bestehen. Gelegentlich sind auch Korrekturosteotomien bei Vorliegen von Achsenabweichung erforderlich. Gelenknahe Eingriffe erfordern eine Rekonstruktion des Kapsel-Band-Apparats, wobei hierfür meist ortsständiges Gewebe aus dem zu entfernenden Doppeldaumen herangezogen wird. Begleitende Insertionsanomalien der Muskulatur, gemeinsame oder fehlende Sehnen sind häufig vorhanden und erfordern intraoperativ ein befundadaptiertes Therapieregime. Häufig müssen Hauterweiterungsplastiken ausgeführt werden. Liegen zwei regulär entwickelte gleichgroße Daumen vor, so sollte der radiale Daumen entfernt werden, um die funktionell wichtigen ulnaren Kapsel-Band-Strukturen des verbleibenden Daumens erhalten zu können. Zwei hypoplastische Daumenanlagen können durch Resektion des jeweils mittleren Drittels und Fusion der randständigen Anteile so rekonstruiert werden, dass ein gemeinsamer Daumen größerer Dimension entsteht (Operation nach Bilhaut-Cloquet). In seltenen Fällen, wie bei einem radial gelegenen hypoplastischen Daumen, kann sogar die Transposition des anatomisch besseren ulnaren Daumens auf die Basis des resezierten Daumens sinnvoll sein.

Dauertherapie

Eine Dauertherapie ist nach der operativen Korrektur in der Regel nicht erforderlich.

Bewertung

Das Ergebnis nach dem operativen Eingriff wird maßgeblich von der Art der Fehlanlage bestimmt und kann von uneingeschränkter Funktionsfähigkeit des Daumens bis zur ausgeprägten Bewegungseinschränkung reichen.

Nachsorge

Bewegungseinschränkungen, sekundäre Achsenabweichungen und ein Fehlwachstum des Daumens sind häufig und auf atypische Sehnenansätze oder belassene Epiphysenanteile zurückzuführen. Eine kontinuierliche Betreuung der betreffenden Patienten durch einen Facharzt ist deshalb unverzichtbar, um frühzeitig die Indikation zur Durchführung eines Korrektureingriffs stellen zu können.

Autor

Renée Fuhrmann

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