Hüftkopfnekrose des Erwachsenen; Aseptische Knochennekrose des Hüftkopfs
Femoral head necrosis
Aseptische Nekrose des Femurkopfs infolge lokaler Durchblutungsstörung. Grundsätzlich ist die Hüftkopfnekrose des Erwachsenen abzugrenzen von der juvenilen Hüftkopfnekrose (Morbus Perthes).
Die Femurkopfnekrose tritt vorzugsweise in der dritten bis sechsten Lebensdekade auf; Männer sind etwa viermal so häufig betroffen wie Frauen; in ca. 50 % der Fälle tritt sie beidseitig auf.
Ätiologie:
Pathogenese:
Die unterschiedlich ätiologisch wirksamen Faktoren zeigen bei relativ einheitlichem morphologischem Erscheinungsbild in Form der ischämischen Zirkulationsstörung des Femurkopfs eine gemeinsame pathologische Endstrecke. Dabei werden verschiedene pathogenetische Mechanismen für die Ischämie diskutiert:
Zunehmende belastungsabhängige Hüft- bzw. Leistenschmerzen, zunehmende Bewegungseinschränkungen mit Adduktionskontraktur und funktioneller Beinverkürzung. Bei Hüftkopfimpression kommt es zu einer reellen Beinverkürzung.
Röntgen: Beckenübersicht- und Hüftgelenkaufnahmen nach Lauenstein, Tangentialaufnahmen nach Schneider (Beurteilung der Nekroseausdehnung und Nekrosenlage: Nekrose meist in ventrokranialer Hemisphäre gelegen). Das präradiologische Stadium kann durch das Röntgen nicht erfasst werden (Verfahren zur Früherkennung siehe unten).
Magnetresonanztomographie (MRT): frühe Demarkation durch hypointensen Randsaum der subchondralen Nekrosezone (T1-Wichtung), so genanntes double-line-sign (in T2-Wichtung), begleitender Gelenkerguss. Der Wert des MRT liegt in der möglichen Frühdiagnose (Sensitivität ca. 90 %), der exakten Bestimmung der Nekrosegröße und -lage sowie in der möglichen Beurteilung der Hüftkopfvitalität nach Kontrastmittelgabe.
Computertomographie (CT): geringere Wertigkeit in der Frühdiagnose, gute Darstellbarkeit einer subchondralen Fraktur.
Szintigraphie (als Mehrphasenskelettszintigraphie): Nekrosezone zunächst mit verminderter Speicherung, mit Beginn der Reparationsvorgänge dann zunehmend vermehrte Speicherung. Sensitivität in Frühstadien ca. 75 %.
Stadieneinteilung siehe Tabelle 1 und Tabelle 2.
0 |
keine Symptome |
1 |
Leistenschmerz, geringe Bewegungseinschränkung (Abduktion, Innenrotation), Röntgen ohne Befund |
2 |
erste Röntgenveränderungen, Sklerosierung, Zystenbildung im Hüftkopf |
3 |
Sequestrierung des Knorpels |
4 |
Zusammenbruch des Hüftkopfs |
0 |
bildgebende Verfahren negativ bzw. unspezifisch, positive Histologie |
1 |
Röntgen und CT negativ, MRT und/oder Szinigraphie positiv |
2 |
Röntgen und MRT positiv, Hüftkopfkontur erhalten |
3 |
Röntgen: subchondrale Fraktur ohne Hüftkopfeinbruch (crescent sign) |
4 |
Röntgen: Abflachung des Femurkopfs mit Gelenkimpression |
5 |
Hüftkopfimpression mit degenerativen Veränderungen im Azetabulum |
6 |
komplette Gelenkdestruktion |
Knochenmarködemsyndrom (transiente Osteoporose), bakterielle, rheumatische Koxitis, Koxarthrose, Tumoren.
Eine kausale Therapie ist nicht möglich. Ohne Therapie führt die Hüftkopfnekrose nach 12 bis 24 Monaten zum Hüftkalotteneinbruch. Entscheidend ist eine frühzeitige Diagnose, dadurch ist verbesserte Langzeitprognose bei gelenkerhaltender Therapie möglich. Das therapeutische Vorgehen ist abhängig von Patientenalter, prädisponierenden Faktoren, Ein- bzw. Beidseitigkeit, Hüftgelenkbeweglichkeit, Ausprägung und Ausdehnung der Osteonekrose (ARCO-Stadien).
Behandlung ätiologisch bedeutsamer Risikofaktoren, Ausschalten der verursachenden Nekrosennoxe, medikamentöse Behandlung von Stoffwechselstörungen.
Konservative Therapie durch Entlastung an Stockstützen, Krankengymnastik mit Traktionsbehandlung, begleitende physikalische Therapie, Schmerzmedikation.
ARCO Stadium 0–I:
Core-Dekompression (Markraumdekompression zur Beseitigung des erhöhten intraossären Drucks im Komartiment Hüftkopf). Nach zehn Jahren 82,5 % klinische Erfolgsrate in Präkollapsstadien (Fairbank 1995), Nekroseareal bleibt jedoch weiterhin vorhanden, völlige Wiederherstellung nicht möglich, lediglich die Nekroseprogression kann verhindert werden. Prognose um so besser je kleiner das Nekroseareal im Hüftkopf und je besser vaskularisiert (positive Kontrastmittelanreicherung im MRT).
ARCO Stadium II mit Nekrose < 30 % Hüftkopfbefall:
Core-Dekompression oder Stanzzylinderumkehrplastik (Prinzip: Markraumdekompression mit Hohlfräsen, Entfernen nekrotischer Hüftkopfanteile und umgekehrtes Einbringen vitaler autologer Trochanterspongiosa in „ehemaliges Nekroseareal“).
ARCO Stadium II mit Nekrose > 30 % Hüftkopfbefall:
Intertrochantäre Umstellungsosteotomie (Prinzip: Herausdrehen des Nekroseherds aus der Hauptbelastungszone mit Senkung des intraossären Drucks und Anregung der Vaskularisation).
ARCO Stadium III mit Nekrosewinkel < 200°, Patient < 50 Jahre:
Intertrochantäre Umstellungsosteotomie, je nach Lage des Nekroseareals varisierend extendierend oder valgisierend flektierend.
ARCO Stadium IV mit Nekrosewinkel > 200°, Patient > 50 Jahre sowie ARCO V und VI:
Totalendoprothese.
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