Springer-Verlag
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z 0-9

Luxation

Synonyme

Verrenkung

Englischer Begriff

Dislocation; Luxation

Definition

Bei der Luxation kommt es zur vollständigen Diskontinuität der betroffenen Gelenkpartner.

Pathogenese

  1. Traumatische Luxation: Durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung auf ein Gelenk kann es zu einer traumatischen Luxation mit möglichen begleitenden Verletzungen von Bändern, Kapsel, Knochen, Knorpel sowie Gefäß- und Nervenverletzungen kommen.
  2. Angeborene Luxation: Durch Entwicklungsstörungen, intrauterine Fehllagen, zum Teil auch in Kombination mit anderen Missbildungen, kommt es zu angeborenen Gelenkluxationen. Häufig sind Hüftgelenkluxationen im Rahmen einer Hüftdysplasie und angeborene Kniegelenkluxationen.
  3. Habituelle Luxation: Durch angeborene oder posttraumatische Gelenkinstabilität kommt es zu rezidivierenden Luxationen schon bei minimaler Inanspruchnahme des Gelenks, z. B. habituelle Patellaluxationen, habituelle Schulterluxationen.
  4. Neurogene Luxation: Durch schlaffe oder spastische Muskellähmung kann es ebenfalls zu Luxationen kommen.

Symptome

In erster Linie bestehen Schmerzen sowie ein Funktionsverlust des betroffenen Gelenks. Der Patient wird häufig selbst ein „Auskugeln“ bemerken. Bei der Untersuchung zeigt sich eine veränderte Gelenkkontur, disloziert stehende Gelenkanteile lassen sich palpieren (z. B. leere Pfanne und disloziert stehender Humeruskopf bei der Schulterluxation). Rupturierte Kapsel-Band-Strukturen können zu Schwellungen und Hämatomen führen. Begleitende Gefäß- und Nervenverletzungen haben Defizite in der peripheren Duchblutung bzw. Motorik und Sensibilität zur Folge. Unter Umständen, insbesondere bei habituellen Luxationen, kann es auch zur spontanen Reposition kommen, so dass die Symptomatik bei der ersten ärztlichen Untersuchung nicht mehr so offensichtlich sein kann.

Nach dem akuten Ereignis lassen sich durch gelenkspezifische Erwartungstests (Apprehensionstest), bei denen die Bewegung nachempfunden wird, die die Luxation ausgelöst hat, Instabilitäten feststellen.

Diagnostik

Neben der Erhebung des lokalen Befunds ist es obligat, vor dem ersten Repositionsversuch eine angiologische oder neurologische Schädigung auszuschließen und das Ergebnis zu dokumentieren. Weiterhin muss eine Röntgenaufnahme erfolgen, um ossäre Verletzungen auszuschließen. Nach Reposition, insbesondere nach traumatischen Luxationen, sollte eine weitere kernspintomographische Diagnostik erfolgen, um knorpelige Verletzungen und das Ausmaß der Weichteilverletzungen zu erkennen. Zusätzlich oder alternativ zur Kernspintomographie kann eine diagnostische Arthroskopie erfolgen, da trotz immer genauerer Beurteilbarkeit des Gelenkknorpels weiterhin Knorpelverletzungen unentdeckt bleiben können.

Differenzialdiagnose

Frakturen können ebenfalls zu Fehlstellungen führen. Sie verursachen wie auch intraartikuläre Läsionen und Kapsel-Band-Verletzungen schmerzhafte Funktionseinschränkungen. Echte Luxationen sind von Subluxationen und Hyperlaxität ohne Luxation zu trennen, wobei diese Ereignisse durch das subjektive Empfinden oft nicht differenzierbar sind.

Therapie

Akuttherapie

Eine Luxation muss schnellstmöglich reponiert werden. Dies muss schonend erfolgen, um Verletzungen durch die Reposition zu vermeiden. Unterstützend kann eine intravenöse Analgosedierung oder eine intraartikuläre Applikation von Lokalanästhetika erfolgen. Sollte eine Reposition beim wachen Patienten nicht möglich sein, muss die Reposition in Narkose erfolgen. Vor und nach Reposition müssen unbedingt periphere Motorik, Sensibilität und Durchblutung untersucht und das Ergebnis dokumentiert werden. Nach Reposition empfiehlt sich zunächst eine vorübergehende Ruhigstellung, deren Dauer sich nach dem betroffenen Gelenk richtet.

Konservative/symptomatische Therapie

Nach Erstluxation und nach Ausschluss von Begleitverletzungen, die zu einer operativen Maßnahme zwingen, kann eine konservative Therapie durchgeführt werden. Sie besteht aus einer vorübergehenden Ruhigstellung, deren Dauer sich nach dem betroffenen Gelenk richtet. Zusätzlich erfolgt die krankengymnastische Übungsbehandlung zur muskulären Stabilisierung und Wiederherstellung der vollständigen Gelenkfunktion. In jedem Fall muss der Patient jedoch über die Möglichkeit einer erneuten Luxation aufgeklärt werden.

Medikamentöse Therapie

Um die Reposition zu erleichtern, kann eine Analgosedierung oder eine intraartikuläre Applikation von Lokalanästhetika durchgeführt werden. Weiterhin kommen antiphlogistische Medikamente zum Einsatz.

Operative Therapie

Bei entsprechenden Begleitverletzungen wie Frakturen oder ausgedehnten Weichteilverletzungen besteht die Indikation zum operativen Vorgehen mit Reposition der Fragmente und Osteosynthese sowie Naht der Weichteilstrukturen. Sollte es zu posttraumatischen Instabilitäten mit rezidivierenden Luxationsereignissen kommen, ist eine stabilisierende Operation erforderlich.

Nachsorge

Nach Beendigung der Ruhigstellung erfolgt die krankengymnastische Übungsbehandlung zur muskulären Stabilisierung und Wiederherstellung der vollständigen Gelenkfunktion. Eine Sportpause für Sportarten mit hohem Reluxationsrisiko wie Ball- oder Kontaktsportarten sollte, je nach betroffenem Gelenk und durchgeführter Behandlung, für mindestens zwölf Wochen eingehalten werden.

Autor

Matthias Kusma

Anzeige

© Springer 2017
Powered by kb-soft